Fränkische Nachrichten Wertheim, 29.09.2023

 

„Keine Kirche wird geschlossen“

Evangelische Kirche: Dekanin und Landessynodale beziehen Stellung zu kritisiertem Gebäudekonzept. Kategorisierung in Ampelsystem sorgte in Dertingen für Unmut

Die Zahl der Kirchensteuerzahler sinkt. Deshalb will die Evangelische Landeskirche bei Gebäuden sparen. Dekanin Wiebke Klomp betont, dass die Gemeinden Teil des Auswahlprozesses sind. Katharina Buchholz

Wertheim/Main-Tauber-Kreis. Dorfkirchen werden dem Verfall überlassen – so lautet die Schlussfolgerung der Dertinger Kirchengemeinderäte hinsichtlich der „Strukturplanung Gebäude“ im Evangelischen Kirchenbezirk Wertheim (wir berichteten). „Wir stehen für die Kirche vor Ort“, betont dagegen Dekanin Wiebke Klomp. Sie ergänzt: „Keine Kirche wird geschlossen und das Gottesdienstliche Programm wird so fortgeführt, wie wir es in den vergangenen Jahren gemacht haben.“

Der Reihe nach: Vor dem Hintergrund einer sinkenden Zahl von Mitgliedern und dabei langfristigen Einbußen bei der Kirchensteuer sowie dem Ziel, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, hat die Badische Landeskirche ihre Kirchenbezirke damit beauftragt, ihre Gebäude auf den Prüfstand zu stellen. „Es geht, darum auszuloten: Was können wir uns leisten? Was brauchen wir?‘“, verdeutlicht Helmut Wießner, der gemeinsam mit Schuldekanin Cornelia Wetterich den Kirchenbezirk bei der Landessynode vertritt.

Dieser Prozess sei in der Vergangenheit bereits angestoßen und von den Gemeinden im Bezirk zum Teil umgesetzt worden. So trennten sich Tauberbischofsheim, Lauda und Kembach von ihren Gemeindehäusern und fanden andere Lösungen, ihren Platzbedarf zu decken. Die Kembacher Gemeindemitglieder nutzen zum Beispiel Räumlichkeiten der Kommune im sanierten Rathaus.

34 Gebäude kategorisiert

Insgesamt 34 Gebäude wurden im Team um Dekanin Klomp – wie von der Landeskirche vorgegeben – in einem Ampelsystem kategorisiert. Vorgegeben war, dass jeweils 30 Prozent, also elf Gebäude, den Kategorien „Rot“ und „Grün“ sowie 40 Prozent (zwölf Gebäude) „Gelb“ zuzuordnen sind. Anhaltspunkte für die Sortierung waren beispielsweise Einschätzungen eines Architekten, wie pflegeintensiv Gebäude sind, eine regional faire Verteilung, die Bedeutung des Gebäudes als Treffpunkt sowie die Erreichbarkeit. „Im Juli wurden die Ergebnisse an die Gemeinden weitergeleitet. Wir besuchen alle Ältestenräte, um unseren Entwurf zu besprechen und die Gedanken und Finanzierungsalternativen von vor Ort aufzunehmen“, erklärt Klomp. Nach diesen Gesprächen sollen die Gemeinden schriftlich erneut Rückmeldung geben.

Weiterhin Gelder zur Verfügung

Nicht zu hundert Prozent glücklich sind Klomp, Wießner und Wetterich mit der Kategorisierung in Form einer Ampel. Die Ampelfarben stehen nicht für den baulichen Zustand der Gebäude, zum Beispiel ist auch das 2004 erbaute Gemeindehaus von Sachsenhausen dieser Kategorie zugeordnet. „Rot bedeutet nicht, dass die Gebäude nun aufgegeben, abgeschlossen oder verkauft werden sollen. Zunächst erhalten die Gemeinden für diese Gebäude keine zusätzlichen Baufördermittel mehr“, erklärt Wießner. Es gelte das Prinzip: „Wir trennen uns, wo möglich. Wir erhalten, so gut wie möglich“. Weiterhin zur Verfügung stehen den Gemeinden Gelder, die ihnen jährlich in der Finanzzuweisung des Bezirks für den Unterhalt der Gebäude zugewiesen werden. Mit diesem Geld müssten die Verantwortlichen haushalten und dies entsprechend ansparen.

Unter den mit „Rot“ markierten Gebäuden befinden sich in erster Linie Gemeindehäuser- oder zentren, die teilweise bereits verkauft wurden. „Dass die Michaeliskirche (Reinhardshof) verkauft werden soll, ist bekannt“, sagt Klomp. Die Unterhaltung der Marienkapelle (Wertheim) werde voraussichtlich durch Spenden gedeckt. Im Falle der ebenfalls „roten“ Kirche in Grünenwört befinde man sich über den Status noch im „intensiven Austausch“. Auf jeden Fall werde die Kirche weiter geöffnet sein.

„Es ist ein Prozess im Fluss: In Grünsfeld spricht die Gemeinde über eine Kooperation mit Kommune und Katholischer Kirche. Höhefeld hat sein Gemeindehaus selbst saniert. Im Hofgarten entstehen die neuen Räumlichkeiten des Hofstifts. Es wird sich zeigen, ob das Gemeindehaus dann noch gebraucht wird, oder ob man dort unterkommt“, nennt Klomp Beispiele für künftige Entwicklungsmöglichkeiten. Der Ampelphase „gelb“ sind aktuell 14 Gebäude zugeordnet (zwei können als Puffer noch nach „grün“ verschoben werden). „Für sie können die Gemeinden noch zinsgünstige Darlehen von der Landeskirche erhalten“, sagt Klomp. Wie die Gebäude – egal ob grün, gelb oder rot – in der Zukunft bewertet würden, hänge von der weiteren Entwicklung ab. Das Ergebnis des aktuellen Strukturkonzepts, dessen Entwicklung vor gut zwei Jahren begann, soll Ende Oktober feststehen.