Was Badener von der Weltsynode erwarten
Im Vatikan wird über den Kurs der Kirche beraten / Katholiken aus Baden nennen ihre Wünsche Dieter KlinkKarlsruhe/Freiburg. Rom bereitet sich auf ein Großereignis vor. Vom 4. bis 29. Oktober kommen im Vatikan rund 450 Menschen aus aller Welt zusammen, um bei der von Papst Franziskus ausgerufenen Synode über die Zukunft der Kirche zu beraten. Aus Baden werden keine Katholikinnen und Katholiken an der Weltsynode teilnehmen, dafür verfolgen Kirchenmitglieder auch hierzulande das Ereignis mit Spannung. Einige von ihnen haben konkrete Forderungen, was sie sich von dem Zusammentreffen von Bischöfen und Laien erwarten.
Miki Herrlein aus Freiburg zum Beispiel ist in der Initiative „Out in Church“ aktiv, die queere Menschen in der katholischen Kirche vertritt. Er schaut kritisch auf Papst Franziskus. „Er ist ein Meister darin, schöne Worte zu finden, die Hoffnung machen, aber am Ende bleibt dann doch alles beim Alten“, sagt er. Herrlein ist Referent für junge Erwachsene im Erzbischöflichen Seelsorgeamt in Freiburg.
Leider fühlten sich in der katholischen Kirche nicht alle willkommen. „In einer Kirche ohne Angst darf es keine Sanktionen gegen Priester geben, die gleichgeschlechtliche Paare segnen“, findet Herrlein. Protestierende, die unlängst vor dem Kölner Dom Segnungsfeiern gleichgeschlechtlicher und queerer Menschen gestört haben, seien „straff organisierte Netzwerke, die Hass verbreiten“. Die Kirche müsse die queere Perspektive miteinbeziehen. „Wir sind nicht ohnmächtig und nicht in einer Bittsteller-Situation. Wenn die Kirche queersensible Seelsorge machen möchte, braucht sie unsere Perspektive“, so Herrlein.
Von der Weltsynode erwartet er Beschlüsse in diese Richtung. „Ich kann die Bischöfe nicht aus der Verantwortung entlassen. Es sind Führungskräfte. Mit Verständnis allein kommen wir nicht weiter.“
Auch Ursula Nothelle-Wildfeuer hat Wünsche an die Weltversammlung. Die Professorin für Praktische Theologie an der Freiburger Uni erhofft sich, „dass wirklich Stimmen aus aller Welt gehört und ernst genommen werden“. Dabei solle auch erfahrbar werden, „dass die deutschen Katholikinnen und Katholiken nicht allein mit ihren Anliegen stehen, sondern dass viele Gläubige aus der Welt die gleichen Sorgen umtreiben“. Es gehe um eine evangeliumsgemäße Kirche heute.
Ähnlich wie Herrlein erhofft sich Nothelle-Wildfeuer konkrete Beschlüsse. „Ich erwarte, dass es wirklich handfeste Ergebnisse gibt und dass nicht wieder alle Hoffnung auf Veränderung und notwendige Reform versandet.“ Auf der Synode solle deutlich werden: „Kirche besteht nicht nur aus dem Klerus, beziehungsweise der Klerus ist nicht die Kirche.“ Außerdem ist ihr wichtig: „Nur eine Kirche, die die Gleichberechtigung der Frauen auch mit Blick auf die Weiheämter ernst nimmt, ist eine glaubwürdige Kirche. Es kann dabei nicht nur darum gehen, dass Frauen mal eine Fürbitte vortragen dürfen.“
Der Karlsruher Dekan Hubert Streckert hat einen großen Wunsch an die Synode: „Meine Hoffnung ist, dass klar wird: Die Ortskirchen brauchen Spielräume“, sagt er. Kirche sei bunte Vielfalt. „Die eine Lösung für alle kann es nicht geben. Ich wünsche mir, dass die Kirche als Gemeinschaft zusammenbleibt, aber die bunte Vielfalt erträgt.“ In Rom seien neben den Bischöfen auch Laien und Frauen versammelt, „damit ist die katholische Welt repräsentiert“.
Streckert denkt kritisch über den deutschen kirchlichen Reformprozess nach. „Dass der Synodale Weg in Rom so arrogant rüberkam, befremdet mich.“ Dort sei der Ansatz so verstanden worden, die Deutschen wollten alles umstoßen und allen zeigen, wie es geht. Streckert meint hingegen: „Wir können nur sagen, wie es bei uns geht.“
Von der Synode erhofft er sich eine katholische Reformation, die tiefer reicht als die in Deutschland diskutierten Kirchenthemen. „Es geht um die existenzielle Dimension des Glaubens“, so Streckert. Auch er wünscht sich Bewegung in der Frauenfrage. „Die Diakonenweihe für die Frauen ist eine zentrale Frage für die deutsche Kirche, da braucht es dringend eine Öffnung. Das hat mit Glaubwürdigkeit zu tun.“ Gleichwohl sagt er: „Aber daran wird nicht die Zukunft der Kirche entschieden. Wir müssen in die Verkündigung kommen, müssen mit unserem Glauben überzeugen.“
Martina Kastner, Freiburger Diözesanratsvorsitzende aus Malsch, blickt mit gemischten Gefühlen auf die Weltsynode. Von den Teilnehmern aus Deutschland erwartet sie, „dass sie offensiv die Erfahrungen und die Themen unseres Synodalen Wegs in die Weltsynode einbringen“. Kastner wünscht sich eine offene Debatte über die aufeinanderprallenden Meinungen. „Ich bin überzeugt: Unsere Themen werden weltweit diskutiert, auch Themen wie Geschlechtergerechtigkeit und damit der Zugang zu Weiheämtern.“
Kastner erinnert daran, dass im Oktober nur der erste Teil der Synode ansteht, ein weiterer folgt im Oktober 2024. Daher glaubt sie nicht, dass die bevorstehenden Wochen entscheidend sind. „Aber der Weg muss weitergehen, so dass es zum Abschluss der Weltsynode 2024 zum Handeln kommt“, fordert sie.
Freiburgs Erzbischof Stephan Burger wünscht sich von der Synode, „dass sich die versammelten Bischöfe, Priester und Ordensleute sowie Frauen und Männer aus Kirche und Gesellschaft gegenseitig zuhören“. Gemeinsam mit dem Papst „wird es nicht darum gehen, Kirche neu zu erfinden oder Brücken abzubrechen“. Gleichwohl seien in der Kirche „Gräben zweifelsohne vorhanden“.
Papst Franziskus wolle die Menschen zusammenführen. Die Botschaft Jesu habe nichts von ihrer Kraft und Begeisterungsfähigkeit verloren. „Wie sie in der heutigen Welt wirken und möglichst viele Menschen erreichen kann, ist Anliegen der Weltsynode, in aller Vielfalt dessen, was Katholischsein weltweit bedeuten kann“, findet Burger.