Jetzt sind die Ehrenamtlichen gefragt
Neues Gremium um Arnd Schillinger soll Reform im katholischen Dekanat Bruchsal voranbringen Nicole JannarelliEs geht um nichts Geringeres als die Zukunft der katholischen Kirchen in der Region. Deren Reform liegt unter anderem in der Hand von Arnd Schillinger. Eine große Verantwortung, die der Untergrombacher übernommen hat. Er ist Vorsitzender eines neuen Gremiums im Dekanat Bruchsal. Es wird aus den aktuell 13 Kirchengemeinden eine Großpfarrei zwischen Bretten, Stutensee, Waghäusel und Kraichtal mit rund 100.000 Gläubigen formen.
In diesen Tagen nimmt die Gruppe ihre Arbeit auf. Und hat einen straffen Zeitplan einzuhalten. Schon bis 2026 soll der neue Zuschnitt stehen. Verordnet hat die Umstrukturierung die Erzdiözese Freiburg. Die Verwaltungsreform ist eine Reaktion auf den Priestermangel, sinkende Mitgliederzahlen in der katholischen Kirche und viele nicht ausgelastete Gebäude. „Auf uns wartet eine große Aufgabe“, sagt der 59-jährige Schillinger, der in der Seelsorgeeinheit Bruchsal-Michaelsberg Vorsitzender des Pfarrgemeinderates ist.
Seit vielen Jahren engagiert er sich gemeinsam mit seiner Frau in der Gemeinde. „Ich mache mehr die Gremienarbeit.“ Womöglich kommt ihm bei den Aufgaben im Kirchenmanagement sein Beruf als Personalchef bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg entgegen. Die Herausforderungen für die Großpfarrei sind jedenfalls vielfältig. Eine davon aus Schillingers Sicht: „Die Kirche ist nicht mehr anschlussfähig.“ Den Kontakt zur Gesellschaft, zu vielen Menschen, habe sie verloren. Deren Lebenswelten seien ihr fremd. „Unser Auftrag ist es, Glauben zu vermitteln, sozial engagiert zu sein. Es geht nicht um institutionelle Macht oder um Moral.“
Daher dürfe die Reform kein Rückzug aus der Breite werden. „Wir brauchen einen pluralen Ansatz.“ Einen Zuschnitt auf die Bedürfnisse der Gläubigen vor Ort. „Wir sind die Kirche, und die ist in Landshausen anders als in Büchig. Deswegen müssen wir in der Fläche bleiben.“ Vorgaben für die Kirche der Zukunft gibt es aus Freiburg bisher wenig, aber mitsprechen will die Diözese dennoch. Erzbischof Stephan Burger hat das letzte Wort. Auch bei der Wahl des künftigen Patronats. Im Raum Bruchsal wünscht man sich mehrheitlich Edith Stein als spirituelle Schirmherrin. Die katholische Nonne jüdischer Herkunft wurde von den Nazis ermordet. Der Auswahl muss Burger aber zustimmen. Ein Vorgehen, das Schillinger nicht für glücklich hält. „Da muss Freiburg dem Ehrenamt mehr zutrauen“, sagt er.
Klar ist: Manches soll verschlankt werden. Die Notwendigkeit sieht der Untergrombacher auch. Da geht es um Öffnungszeiten von Pfarrbüros oder eine bessere Raumauslastung. Weitere Vorgabe: Es sollen pastorale Zentren entstehen, an denen Themen und Kräfte gebündelt werden könnten. Wie, das ist noch unklar.
Und das sorgt bei den Aktiven in den Kirchengemeinden für Unsicherheit. Kürzlich haben sich Pfadfinder aus dem Bruchsaler Bezirk in einem offenen Brief an den Erzbischof gewandt. Ihre Sorge: im neuen Raumkonzept könnte es keinen Platz mehr für sie geben. „Was vor Ort geleistet wird, müssen wir im Auge behalten“, sagt Schillinger in diesem Zusammenhang.
Nicht nur mit dem Raumkonzept werden sich jetzt die Ehrenamtlichen auseinandersetzen. 26 Mitglieder vertreten im Gremium die Belange von 13 Pfarrgemeinderäten des Bruchsaler Dekanats. Dazu kommen neben Schillinger sein Stellvertreter Armin Mezger von der Seelsorgeeinheit Graben-Neudorf-Linkenheim, Dekan Lukas Glocker und Dekanatsreferent Thomas Macherauch.
Dass Kirche ungewöhnlich Wege gehen muss, um die Menschen zu erreichen, das hat Schillinger selbst erlebt. Als Abiturient hat er sich in Karlsruhe einer überkonfessionellen Gruppe angeschlossen. Das war zu einer Zeit, wo Ökumene noch nicht etabliert war. „Dort habe ich im Gebet die echte Verbindung zu Gott gespürt“, sagt er.
Die Gruppe war kreativ, in der Töpferei, der Holzwerkstatt oder bei der Pantomime. Aber auch im Austausch mit anderen. Die jungen Erwachsenen eröffnete eine christliche Kneipe im Karlsruher Hirschhof und kamen so mit Leuten ins Gespräch. „Der Weg in die Kirche wäre für manche Gäste ein zu großer Schritt gewesen. So konnte man leichter miteinander reden und über den Glauben sprechen.“
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