Orgel kehrte in die badische Heimat zurück
Instrument aus der Orgelbauwerkstatt von „Jäger und Brommer“ erklingt nun in der evangelischen Stadtkirche
Berthold JürriensNeckarbischofsheim. Die neue Orgel wurde nun offiziell in der evangelischen Stadtkirche mit einem Festgottesdienst eingeweiht, zu dem auch Dekanin Christiane Glöckner-Lang erschienen war.
Mehrfach durften die Gottesdienstbesucher dem königlichen Instrument an diesem Vormittag zuhören, das auch in der Predigt von Pfarrerin Stephanie Ultes eine wichtige Rolle spielte. Sowohl während des Gottesdienstes als auch bei der anschließenden humorvollen Führung vom Leitenden Sachverständigen für Orgeln und Glocken der Evangelischen Landeskirche in Baden, Dr. Martin Kares.
Der hatte es nicht versäumt, zuvor den Kirchenbesuchern von dem schlechten Zustand der bisherigen Orgel der Gebrüder Mann zu berichten. „Eine Reparatur wäre unwirtschaftlich gewesen.“ Und somit hatten die Kirchengemeinde und Pfarrerin Ultes trotz klammer Kasse den Kauf einer guten und gebrauchten Orgel in Erwägung gezogen.
Ein Orgeltag, der durch das Förderprogramm „Kirchturmdenken 2.0“ möglich geworden war, und das erarbeitete Projekt „Klangraum Kirche“, zu dem ebenfalls das „Kirchturmdenken 2.0“ seinen Beitrag leistete, halfen für die Finanzierung. Dazu zählten Verkäufe von Orgelbrot und Orgeltropfen, Orgelaufführungen und musikalische Auftritte des Adolf-Schmitthenner-Gymnasiums (ASG) oder der Adventsbasar sowie weitere Spenden.
Fündig geworden war man im nordrhein-westfälischen Bocholt, wo das Instrument der renommierten Orgelbauwerkstatt „Jäger und Brommer“ aus Waldkirch im Schwarzwald zum Verkauf stand. Orgelbauer und -restaurator Heinz Jäger freute sich deswegen besonders, dass er seine Orgel an ihrem „Geburtsort“ wieder auf Vordermann bringen konnte. „Es ist immer schön, eine Orgel in die badische Heimat zurückzubringen“, sagte Jäger und lächelte bei der Präsentation der Orgeldetails, bei der die Besucher auch einen Blick ins Innere werfen durften. Kares hatte sich mit Vertretern des Kirchengemeinderats in Bocholt von dem guten Zustand des Instruments überzeugt. Die Abholung erledigten die Waldkircher Orgelbauer, die anschließend die Orgel komplett reinigten und überarbeiteten. Außerdem sorgten sie für den „digitalen Zugang“, wie es der Wunsch des Organisten Volker Steiger gewesen war.
Nicht nur diese besondere Ergänzung präsentierte der Orgelsachverständige, der auch auf dem Instrument spielte, sondern er erklärte zunächst die Geschichte des Instruments, das 2017 mit Orgelbau und Orgelmusik von der UNESCO zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt worden war. Nicht umsonst sei die Orgel ohne Zweifel das größte, das kühnste und das herrlichste aller vom menschlichen Geist erschaffenen Instrumente. Sie sei ein ganzes Orchester, von dem eine geschickte Hand alles verlangen, auf dem sie alles ausführen könne, lautet ein Zitat von ihm. Mit dem anschauliche Vergleich der Orgel mit einem Haus mit drei Wohnungen, in dem unterschiedliche Familienmitglieder in ihren Zimmern mit eigenen Klingeln beziehungsweise Registern leben, begeisterte Kares die 20-köpfige Gruppe von Interessierten. So erklang der „Vater“ als Prinzipal mit dunklem Ton, während die kürzeren Pfeifen des Sohnes oder des Enkels höher klangen. Dass er dann dazu das Lied „Oh, mein Papa“ zum Besten gab, sorgte für Schmunzeln. Mit „Yesterday“ zeigte Kares nicht nur sein großartiges Orgelspiel, sondern auch, wie besonders das Instrument klingen kann. „Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, ist die Orgel für drei Jahre bestens gestimmt“, war seine Antwort auf eine Frage aus der Besucherrunde.
Eine besondere Idee präsentierte er am Ende, denn Kares möchte an der Orgel „einen Zimbelstern“ als Dekor anbringen lassen, da dieser „sehr gut in die Form passen würde“. Eigentlich ist ein Zimbelstern ein Effektregister in Orgeln, mit der Glöckchen in Bewegung gesetzt werden. Kares sagte zu, dass er die Vorarbeit leisten würde und schlug dann eine Art „Kunstwettbewerb“ vor, bei dem sich die Gemeindemitglieder kreativ zeigen könnten. Auch für diese Idee gab es nochmals Applaus, und am Ende Geschenke der Kirchengemeinde für Kares, Jäger und die Dekanin. Pfarrerin Ultes und der Orgelsachverständige durften dann noch Wein von Jäger entgegennehmen. „Original-Orgelwein vom Orgelbauer.“