Pforzheimer Zeitung, 05.08.2023

 

Blauäugiger geht es kaum

Zu dem Bericht über die Tagung der Bezirkssynode des Bezirks Badischer Enzkreis bleibt noch Wesentliches an Information nachzutragen. Zuerst: Ein so genanntes Leitungsteam (namentlich nicht bekannt) des Badischen Enzkreises hatte einen Antrag verfasst, der sich gegen die Behauptung von Dekanin Quincke, Gott sei queer, aussprach, verklausuliert zwar und verschwurbelt, aber immerhin (weit besser und klarer ein ähnlicher Antrag eines Synodalen). So weit, so gut – so schien es. Doch bei der Abstimmung darüber, ob diese Anträge überhaupt auf die Tagesordnung gesetzt werden sollten, stimmten, soweit man es beobachten konnte, die Personen, die als Mitglieder des besagten Leitungsteams in Frage kommen, nicht dafür. Also: man stellt zuerst einen Antrag und unterstützt ihn dann nicht! War der Antrag (und auch sein Inhalt) also gar nicht ernst gemeint, nur für die Galerie, nur Show? Oder ist das postmodern wie: Man ist gleichzeitig für etwas und dagegen, so dass einen niemand kritisieren kann? Auch beim Hauptthema der Tagung regiert die Täuschung – man täuscht die andern, man täuscht sich selbst. Wer glaubt im Ernst, dass mit 30 Prozent weniger Geldmitteln „das kirchliche Leben erst recht noch lebendiger werden“ wird? (wurde das Geld bisher nur zum Fenster hinausgeworfen?) Und dass wie betont vor Ort, dort, wo bald weniger Pfarrer und Diakone existieren, weniger Gottesdienste stattfinden, weniger Gebäude genutzt werden können (für Gruppen und Kreise, für Veranstaltungen, für geistliches Wachstum und Miteinander in den Gemeinden) und wo durch die geplante Regionalisierung vieles eben nicht mehr in der eigenen Gemeinde stattfinden wird. Mit Händen zu greifen auch die Befangenheit der Synodalen im von der Kirchenleitung vorgegebenen Framing, im wie ein Verhängnis hingenommenen, überhaupt nicht in Bezug auf seine Ursachen hinterfragten Sparzwang (nicht einmal die noch sehr lange herrschende Unklarheit über die „gelben“ Gebäude – niemand weiß, ob sie gefördert werden oder nicht – führt zu tieferem Nachfragen, man lässt solche Planungsunsicherheit einfach apathisch über sich ergehen; dass die Sparerei nun noch durch den völlig wirklichkeitsfremden Klimaglauben radikalisiert wird, wurde sogar noch begrüßt, die in einer Nebenbemerkung erwähnte Information, dass die Kirchensteuereinnahmen gestiegen seien, wurde dagegen vollständig ignoriert), noch gesteigert durch die in vielen Äußerungen zu bemerkende Vorstellung, je mehr man durch das Sparen genommen bekomme, desto stärker und intensiver werde das Gemeindeleben, die Einschränkungen, die nun auf alle zukommen seien quasi ein Geschenk, das ungeahnte Kreativität freisetzen werde. Blauäugiger geht es kaum. Und obwohl davon getönt wurde, auch in Beschlüssen, dass Mission wichtiger sei als Organisationserhaltung, war in der ganzen Diskussion, den ganzen Abend über, nicht eine einzige Wortmeldung zu hören, die sich mit missionarischem Handeln als möglicher Lösung der Probleme beschäftigt hätte, es gab immer nur den inbrünstigen Glauben an Organisatorisches, an Sparzwänge und deren segensreiche Wirkung. Kein Ansatz zu Analysen oder gar zu Lösungsvorschlägen mit geistlichem Inhalt, keine Spur davon. Das alles war einfach nur noch gespenstisch.

Horst Fix, Königsbach-Stein