Rhein-Neckar-Zeitung - Wieslocher Nachrichten/Walldorfer Rundschau, 03.06.2023

 

„Er lebt, denkt, schreibt und spricht als Christ“

Feier und Würdigung von Gerhard Engelsberger zum 75.

Von Anton Ottmann

Wiesloch. Dieser Tage feierte Pfarrer i. R. Gerhard Engelsberger seinen 75. Geburtstag. 1948 in Niefern im Enzkreis geboren, war er von 1981 bis 2011 Pfarrer der Wieslocher Christusgemeinde, er lebt heute in Dielheim. Einen Namen machte er sich vor allem mit seinen Fernseh- und Rundfunkgottesdiensten, seinen religiösen Veröffentlichungen und der Komposition moderner Kirchenlieder, vor allem für Kinderchöre. Anlässlich der Expo 2000 hat er das Libretto für „ein Oratorium der Weltreligionen“ geschrieben.

Zur Würdigung seiner Verdienste hatte Landesbischöfin Heike Springhart in den Lichthof des evangelischen Oberkirchenrats in Karlsruhe eingeladen. Sie begrüßte die zahlreichen Gäste und brachte ihre Wertschätzung des Jubilars zum Ausdruck. Sie selbst habe sich schon als Lehrvikarin aus dessen „Gebetsbändchen“ wertvolle Impulse geholt. Neben Engelsbergers Familie – er ist verheiratet, hat vier Kinder und acht Enkelkinder – waren zahlreiche Freunde und Wegbegleiter zum Festakt gekommen.

Jörg Bollmann, Geschäftsführer des „Gemeinschaftswerks Evangelische Publizistik“ verwies auf einen Text Engelsbergers. Der zeige „die Weitsicht, die politische Klugheit, die theologische Reflexionstiefe, die feine Sensibilität und die scharfe Wortgewandtheit des Jubilars“, so Bollmann: „Er lebt, denkt, schreibt und spricht ein Leben lang als Christ.“

Bollmann erinnerte vor allem an die Aufbruchstimmung bei den Radio-Sendungen in den 1990ern, bei denen Engelsberger eine wichtige Rolle gespielt habe. Damals seien Menschen gesucht gewesen, die „kluge, weiterführende, helfende Sätze sagen können“. Der Redner wandte sich an Engelsberger: Er sei nie elitär, langweilig oder desinteressiert, „Ihnen glauben die Menschen einfach, wenn Sie von Glauben sprechen.“

Stephan Orth vom Herder Verlag würdigte die Arbeit des Jubilars als Schriftführer der „Pastoralblätter“. Er verrichte seine Arbeit „nicht nur mit Herzblut, sondern auch mit großem Erfolg“. Ob es um die Flut im Ahrtal oder die Corona-Pandemie gehe, Engelsberger greife immer aktuelle Themen auf, die nach „Antworten aus der Sicht des Glaubens rufen“.

In launigen Worten wandte sich Prälat i.R. Helmut Barié aus Baden-Baden an seinen Freund und Seelsorger. Als Prediger habe Engelsberger sich einen Ruf über Wiesloch hinaus erworben und an seiner „Theologischen Runde“ hätten auch sogenannten kirchenferne Personen teilgenommen. Er bedauerte, dass man Engelsberger seinerzeit bei der Wahl des Dekans übergangen habe. Als nicht ganz ernst zu nehmenden Ausgleich überreichte er ihm die Ernennungsurkunde zum „ehrenamtlichen Kirchenrat“. Auf ihr ist zu lesen: „Dem Pfarrer mit Leib und Seele, der als grundehrlicher Mensch sagt, was er denkt, dem es nicht liegt, andere durch Schmeicheleien zu umgarnen, der Gemeindepfarrer geblieben, der die Sprossen der Karriereleiter nicht erklommen hat“.

Der Geehrte bedankte sich für die Würdigungen und erzählte aus seinem Leben, seinem Wirken als Pfarrer und seinem Verhältnis zur Landeskirche, die ihn nicht immer verstanden, aber ertragen und seine Familie ernährt habe. In jungen Jahren, bei drohendem Berufsverbot, wohl als aktiver 68er Student, sei er beinahe zur Gewerkschaft gewechselt. Einzig die Überzeugung, dass er als Pfarrer ein hohes Maß an Freiheit besitze, habe ihn davon abgehalten. Gerne erinnere er sich an die Begegnungen mit Musikern und in der Kirche aktiven Laien, genauso wie mit Kolleginnen und Kollegen bei Pastoralblätter-Reisen nach Afrika, Asien und Südamerika. Der bekannte evangelische Theologe Jörg Zink sei für ihn Vorbild, wie auch sein früh verstorbener Vater, von Beruf Schneider und politisch sehr links orientiert.

„Wenn ich an unsere Landeskirche denke, dann spüre ich wachsenden Gesprächsbedarf in Gemeinden und Bezirken und Ungeduld, aber auch Armut“, so Engelsberger. Er befürchte den Verlust von Begegnungen, dem Kern kirchlicher Arbeit. Er argwöhnte auch, dass künstliche Intelligenz aus dem Internet künftig die „Pastoralblätter“ erledige oder Predigten liefere. Seinen Zuhörern gab er mit: „Heute geht es um beherztes Miteinander. Heute geht es, wenn Kirche sich äußert, um Echtheit. Echt am Herz sein, nah am Herzen eines anderen.“