Badische Zeitung Rheinfelden, Wiesental, 02.06.2023

 

Den Glauben sehr praktisch gelebt

Ihr ganzes Leben lang bringt sich Ulrike Grether als Ehrenamtliche in der Kirche ein: in Dortmund, Waldshut-Tiengen, wo sie seit 2018 wohnt, früher in Herten und bis heute in der evangelischen Kirchengemeinde Wyhlen.

GRENZACH-WYHLEN Seit ihrer Konfirmation 1964, erzählt Ulrike Grether (73), sei sie „kirchlich sehr engagiert“, zunächst in der Jugendarbeit und im Kindergottesdienst. Geboren wurde Grether in Essen. Den Kontakt zum christlichen Glauben bot schon die Mutter, die als Schulrektorin am Wohnort Dortmund Religionsunterricht als Laie unterrichtete: „Ich bin mit Gebeten und Liedern aufgewachsen.“ Dennoch waren ihre Eltern laut Grether „überrascht, dass ich mich so stark engagierte“. Grether studierte an der Dortmunder Fachhochschule Sozialpädagogik und übernahm eine erste Stelle im Bergbau. „Die Sozialarbeit im Bergbau war immer christlich geprägt“, erzählt sie: „In den Sechzigern bis Achtzigern gab es eine intensive Zusammenarbeit von Industrie und Kirche.“

1980 kam Grether in die Region, als sie zu ihrem Mann in Maulburg zog. Sie wohnten in Lörrach, Wies, Bad Säckingen und von 1993 bis 2018 schließlich in Wyhlen, wo Grether so lange lebt wie sonst nirgends. Sie übernahm eine Stelle als Sozialarbeiterin bei Ciba-Geigy. Kirchlich engagierte sich Grether aber zunächst in der damals selbständigen Kirchengemeinde Herten, wo sie Pfarrerin Martina Poersch anfragte: Der Kontakt nach Herten entstand über die dortigen Geigy-Wohnungen; bis 1981 waren Herten und Wyhlen außerdem eine einzige Kirchengemeinde. Grether ließ sich sogar nach Herten umgemeinden. Sie sang im Hertener Chor und organisierte mehr als 15 Jahre lang die Kinderfreizeit. Selbst hat Grether keine Kinder.


1999 gab Ciba-Geigy die Sozialarbeit auf. Grether engagierte sich weiter, als Bezirkskirchenrätin im Bezirk Markgräflerland, als Landessynodale in der Evangelischen Landeskirche in Baden (Ekiba), in der Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). 2012 wurde sie schließlich auch Kirchengemeinderätin in Wyhlen, wo sie sich mit Pfarrerin Anette Metz gut verstand.


Auch nach ihrem Umzug nach Waldshut 2018 blieb Grether bis 2020 Kirchengemeinderätin in Wyhlen; seither wirkt sie im Waldshuter Gremium, kümmert sich um die Altenarbeit und singt in der Kantorei. Einmal im Monat kehrt sie aber noch immer nach Wyhlen zurück, um gemeinsam mit Waltraud Fiedler, Lieselotte Heitz, Renate Hornauer, Irene Hottmann, Inge Huff und Else Sur den Gemeindetreff zu organisieren. „Ich habe ja noch Freunde hier und auch meine Ärzte“, begründet Grether, warum sich der weite Weg weiterhin für sie lohnt.


„Egal, wo ich wohne“, sagt Grether zu ihrem steten Engagement, „durch die Institution Kirche bietet sich immer die Möglichkeit, sofort Kontakte zu knüpfen.“ Das sei der Vorteil der Institution Kirche, betont sie, „bei allen Problemen.“


Trotz einiger Kritik bleibe sie der Landeskirche treu, sagt Grether: „In Freikirchen gibt es mir zu viel Doktrin: Du musst dies tun und jenes lassen, sonst bist Du nicht brav. Ich habe meinen Konfirmanden immer beigebracht, dass Jesus sie nie wegschicken wird.“ Sie habe nie eine theologische Ausbildung gehabt, sagt Grether: „Ich lebe seinen sehr praktischen Glauben.“ Ihre Tätigkeiten in der Kirche hätten sich immer nach ihrer eigenen Entwicklung im Leben gerichtet: Kinder, Jugend, Familie, Erwachsene, Senioren.


Nach dem Weggang von Pfarrerin Metz 2017 aus Wyhlen, auf die eine Vakanz folgte, leitete Grether laut eigener Aussage „im Prinzip die Kirchengemeinde“. Neben den Gottesdiensten und anderen Gruppen übernahm sie auch die Leitung des Gemeindetreffs. Der sei vor mehr als 40 Jahren von Frauen als Bazar gegründet worden, weiß Grether; erst mit der Zeit habe er sich zu einer Veranstaltung für Senioren entwickelt.


„Wer hat heute sonst noch am Donnerstagnachmittag Zeit?“, fragt sie rhetorisch. Heute habe sich ein Programm Ü70 „eingebürgert“; der älteste Teilnehmer sei 92 Jahre. Selbst im Helferteam ist die Jüngste schon 63 Jahre alt. Einmal im Monat treffen sich bis zu 14 Senioren aus Wyhlen, normalerweise im Dietrich-Bonhoeffer-Haus an der Jurastraße in Wyhlen im selben Gebäude wie der Kindergarten, trainieren das Gedächtnis, machen Ausflüge, tanzen, basteln, trinken Kaffee und essen Kuchen. Eine Andacht gehöre immer dazu, „damit wir uns von dem Angebot der politischen Gemeinde unterscheiden.“ Seit 2019 gibt es dafür mit Daniel Burk wieder einen Pfarrer.


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