Pforzheimer Kurier, 23.05.2023

 

Angebote reichen weit über Altenpflege hinaus

Julian Zachmann

In Remchingen werden 150 Jahre kirchlich-diakonische Arbeit und 30 Jahre Diakoniestation gefeiert

Remchingen. Im Jahr 1873 hatte sich in Singen der Frauenverein zur Armen- und Krankenfürsorge gegründet und damit den Beginn gesetzt für die kirchlich-diakonische Kranken- und Altenpflege in Remchingen. Mit ihren vielfältigen Angeboten wäre diese heute nicht mehr wegzudenken, das wurde im Jubiläumsgottesdienst am Sonntagmorgen in der Wilferdinger Christuskirche deutlich. „Frauen waren es, die die Not erkannt und angepackt haben – diesen Einsatz erleben wir bis zum heutigen Tag. Aus kleinen Anfängen ist ein großes Werk gewachsen“, verdeutlichte Karl-Heinz-Stengel, Vorsitzender der Remchinger Diakoniestation, die zeitgleich ihren 30. Geburtstag feiert. „Gott hat uns behütet auf dem ganzen Weg, den wir gegangen sind“, blickte Stengel auf den Predigtvers. Der Tübinger Theologieprofessor Hans-Joachim Eckstein führte das Wort Diakonie zurück auf das Dienen als ein Lebenswerk von Jesus: „Das Wesen des christlichen Glaubens ist die Diakonie.“ Umrahmt wurde der Gottesdienst von den vier Remchinger Posaunenchören.

Gab es vor gut 50 Jahren in jedem Ortsteil gerade mal eine Gemeindekrankenschwester aus Karlsruhe-Rüppurr als unverzichtbare Anlaufstelle, so folgte in den 90er Jahren eine fortan rasante Entwicklung. Zwar gab es bereits die 1979 gegründete Diakoniestation Keltern-Remchingen – der Wegfall nachbarschaftlicher und familiärer Strukturen, gesellschaftliche Veränderungen und neue soziale Sicherungssysteme hätten die Kirchengemeinden jedoch veranlasst, neu über die Arbeit mit älteren Menschen nachzudenken, erinnert Stengel. Im Mai 1993 gründeten die drei evangelischen Kirchengemeinden Wilferdingen, Singen und Nöttingen den Verein Diakoniestation Remchingen, um fortan für alle in Remchingen, unabhängig von Herkunft oder Religion, da zu sein. Im vergangenen Jahr kümmerten sich 89 Mitarbeiterinnen und 73 Nachbarschaftshelferinnen und -helfer um die Pflege von 586 Personen aus der Gemeinde: „Ein Großteil der Menschen kann dadurch auch im hohen Alter weiterhin zu Hause betreut werden“, unterstrich Stengel. Der Vorsitzende blickte aber auch auf das immer breitere Spektrum der Arbeit vor Ort: So betreibt die Station seit Jahren einen Tafelladen und zwei Kleiderstuben. Sie investiert zudem in musikalische Angebote sowie Treffpunkte und baut nach der Demenz-Wohngemeinschaft momentan zwei weitere Wohngemeinschaften für Menschen mit Unterstützungsbedarf und Behinderung. Insbesondere von jungen Erwachsenen gibt es für die voraussichtlich im Frühjahr 2024 fertigen Plätze schon konkrete Anfragen, so der Vorsitzende.

Zu den entscheidenden Faktoren für den Erfolg zählte Stengel den biblischen Auftrag, den tatkräftigen, engagierten Einsatz der Mitarbeiter und 140 Ehrenamtlichen, aber auch viele unverzichtbare Freunde, Förderer und Sponsoren der diakonischen Arbeit sowie das gute Miteinander mit der Kommune. „Wir haben hier eine quicklebendige, dynamische Diakonie – der Glaube fließt über in die Liebe“, sagte Dekan Christoph Glimpel in seinem Grußwort und dankte dem gesamten Team um den ehrenamtlichen Vorsitzenden.