Südkurier Konstanz, 29.04.2023

 

Unterirdische Schöpfungskunst

VON CHRISTINE SÜß-DEMUTH, EPD

Es soll eine schöpferische Reise vom Dunkel ins Licht sein: Mit seinem großformatigen, 14-teiligen Keramik-Zyklus macht der Künstler Markus Lüpertz die Karlsruher U-Bahn zur Kunstgalerie. In der Nacht zum Freitag wurde die „Genesis“ vom Künstler enthüllt. Unter den geladenen Gästen waren auch Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und die badische Landesbischöfin Heike Springhart.

„Ich mag seine Kunst“, sagt Alt-Kanzler Schröder, bevor er mit seinem Freund Lüpertz in die Sonderbahn Richtung „Genesis 7“ steigt. Jedes der in hellen Tönen gestalteten Reliefs wiegt jeweils etwa 1,5 Tonnen und besteht aus zehn Tafeln. Schon immer habe er ein großformatiges Keramik-Werk für den öffentlichen Raum schaffen wollen, erzählt Lüpertz, der am Dienstag 82 Jahre alt wurde. Damit will der Wahl-Karlsruher nach eigenen Worten seiner Heimatstadt etwas zurückgeben. In dem Bildzyklus habe er das Gilgamesch-Epos, die biblische Schöpfungsgeschichte und die vier Elemente Wasser, Erde, Luft und Feuer „sehr frei und eigen interpretiert“. Der zum Katholizismus konvertierte Künstler bezeichnet den Erhalt der Schöpfung als das Zukunftsthema. Für sein monumentales Projekt hat der im tschechischen Liberec geborene Maler und Bildhauer rund 20 Tonnen hellbraunen Ton verarbeitet.

Als die Pläne 2017 bekannt wurden, hatte es intensive Debatten innerhalb der Karlsruher Stadtgesellschaft und der Kunstszene gegeben. Unter anderem wurde diskutiert, inwieweit religiöse Kunst einen Platz im öffentlichen Raum hat. Er wolle mit seinen Bildern keine politische Aktualität, sondern Atmosphäre vermitteln, sagt Lüpertz. So würden sie hoffentlich auch Vandalismus vergessen. Es werde aber keine Sicherheitszone geben.

Als „Kunst, die uns alle angeht“ bezeichnete die badische Landesbischöfin Springhart die „Genesis“ bei der Vernissage. Der Untergrund von Karlsruhe zeige den Menschen als Teil der Umwelt, „für die wir alle Verantwortung tragen“, erklärte Springhart für die evangelische Landeskirche und das katholische Erzbistum Freiburg, die das Projekt auch finanziell unterstützen.

Sechs Jahre lang soll die vier mal zwei Meter große „Untergrund-Kunst“ fast rund um die Uhr beidseitig an sieben Haltestellen anstelle von Werbeplakaten zu sehen sein.