BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN Karlsruhe, 28.04.2023

 

Ein mühsamer Weg für die evangelische Landeskirche

Von Dieter Klink

Die angestrebte Öffnung stellt auch die neue Landesbischöfin vor Herausforderungen

Wann haben Menschen mit der evangelischen Kirche zu tun? Bei Taufen, Hochzeiten, Bestattungen. Insofern ist es sinnvoll, dass die evangelische Landeskirche Bürokratie abbauen will. Wo kirchliche Angebote (noch) gefragt sind, soll nicht ein großer Verwaltungsaufwand die Menschen abhalten. Wegbleiben tun sie schon von allein.

Die evangelische Kirche ist nicht so sehr in Skandale verstrickt wie ihre katholischen Brüder und Schwestern. Sie hat ein anderes Kirchen- und Amtsverständnis und daher manche Konflikte abgeräumt. Gleichwohl wird die evangelische Kirche oft für Versagen der Katholiken in Haftung genommen. Doch auch so spürt die evangelische Kirche den Rückgang an Mitgliedern und Kirchensteuern enorm. Die Kirchenbindung war seit jeher eher gering, in der Corona-Zeit hat sich der Schwund intensiviert. Den Laden halten einige wenige engagierte Haupt- und Ehrenamtliche zusammen. Deren Einsatz ist endlich, und es wächst wenig aus der Jugend nach. Auf Dauer zehrt das auch die Super-Engagierten aus. Sie schieben Frust.

Landesbischöfin Heike Springhart ist seit etwa einem Jahr im Amt. Sie tastet sich noch in ihre neue Rolle hinein. Wie ihr Bericht vor der Frühjahrssynode nahelegt, ist sie selbst überrascht von manchen Beharrungskräften. „Wir müssen die Türen öffnen“, sagte sie am Donnerstag. Doch oft genug stößt sie an die Grenzen der kirchlichen Behörde, den Oberkirchenrat. Sie sieht die Gefahr, dass sich die Kirchenverwaltung abschottet, und sich die Menschen kopfschüttelnd abwenden. Man dürfe nicht E-Mails als Störfeuer zur Seite wischen, mahnt sie. Springhart wünscht sich eine den Menschen zugewandte Kirche und muss dafür erst einmal die Gremien anhören und einbinden. Sie will Strukturen aufbrechen und erfährt nun, was geht und was nicht. Im besten Fall ist so ein Zustand kreativ-inspirierend, im schlechtesten Fall frustrierend für alle Beteiligten.

Wie also lassen sich die Menschen neu für den Glauben gewinnen? Ein schwieriges Unterfangen. Denn oft ist es so: Wer weg ist, ist weg. Und kommt vielleicht für Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen zurück. Insofern ist der neue Ansatz richtig, Bürokratie abzubauen. Der Kirche bleibt bei der Lebenswirklichkeit der Menschen gar kein anderer Weg, als diese Hebel zu nutzen. Dann aber muss sie da sein und Menschen – neudeutsch würde man sagen – niederschwellig ansprechen. Sonst ist auch diese Chance verpasst. Springharts erstes Jahr im Amt deutet an, wie mühsam dieser Weg wird. Bei einer Kirche darf man hinzufügen: Mit Gottvertrauen gelingt es vielleicht.