Kirche tüftelt an Modellen für die Zukunft
Protestanten müssen sich neu aufstellen – und mit weniger auskommen.
Doch orientieren sie sich nun an Themenfeldern oder Gemeindegrenzen?
Anke Baumgärtel | Pforzheim
Was, wenn es in der Evangelischen Kirche Pforzheim künftig keine Gemeindegrenzen mehr gäbe? Wenn der sonntägliche Gottesdienst nur noch an fünf Standorten besucht werden könnte? Wenn Diakoniepunkte die Funktion einer Kirche übernähmen? All das sind Überlegungen, die in den Zukunftsprozess „ekiba2032“ einfließen, den die Landeskirche 2021 angestoßen hat. Herauskristallisiert haben sich vor Ort zwei komplexe Modelle, die nun zur Diskussion stehen. Diese präsentierten der Synodenvorsitzende Dietrich Pilz, die Dekanin Christiane Quincke und die Diakonie-Geschäftsführerin Sabine Jost der Presse. Zuvor waren sie Ende März bei der Stadtsynode vorgestellt worden.
Die Ausgangslage: „Wir werden weniger – und damit auch unsere Mittel“, fasst es Pilz zusammen. Konkret muss die Evangelische Kirche Pforzheim bei landeskirchlichem Personal und Gebäuden 30 Prozent einsparen (die PZ berichtete). „Und selbst, wenn wir nichts einsparen müssten, müssten wir uns verändern, weil es die Gesellschaft tut.“ Bis 2035 wird die Zahl der Gemeindeglieder von rund 32 300 auf 21 400 sinken. Rund die Hälfte dieser Verluste sei Austritten geschuldet, so Quincke. Jene, die nachzögen, seien oft nicht evangelisch.
Das Personal: Konkret heißt die von der Landeskirche vorgegebene Reduktion für das Personal: Aus 17,5 Pfarrern und Dekanen werden 11,5, die Zahl der Diakone sinkt von 6,5 auf vier, von eineinhalb Stellen bleibt noch eine für einen Krankenhauspfarrer, der Jugendreferent hat bloß noch eine 70-Prozent-Stelle, die Kantoren sind künftig noch zwei statt 2,8.
Die Gebäude: Die Zahl der Gebäude muss von 36 auf 13 reduziert werden. Vier davon, die Bergkirche in Büchenbronn, die Christuskirche in Brötzingen, die Schloßkirche und die Kirche in Eutingen, sind gesetzt. Dagegen müssen elf abgestoßen werden, wobei für neun bereits die Entscheidung gefallen ist. Die Zukunft der weiteren Gebäude ist noch unklar. Was jedoch nicht bedeute, dass all die anderen Gemeindehäuser und Kirchen abgerissen oder verkauft würden. Sie könne anders finanziert oder umgenutzt werden, sagt Quincke. Nicht betroffen, aber in die Überlegungen einbezogen sind die Kitas und Diakoniepunkte. Die Kita-Landschaft 2023 ist beschlossen, so Jost. Bloß die Einrichtung an der Pestalozzistraße werde mit Räumung für die Ingeborg-Herrmann-Schule mit jener an der Maximilianstraße zusammengeführt. Die fünf Diakoniepunkte könnten ergänzt werden und durch Seelsorge und Andachten die Kirchen künftig zu Teilen ersetzen. Denkbar wären weitere Punkte in Eutingen, der Nordstadt, auf dem Buckenberg und in Huchenfeld.
Die Modelle: Für die künftige Arbeitsweise sowie den Einsatz des verbleibenden Personals und der Gebäude sind zwei Modelle entstanden. Einige Ziele: die Vielfalt der Gesellschaft berücksichtigen. Sich in die gesellschaftliche Debatte einbringen. Weniger Behörde sein. Das eine Modell basiert dabei auf fünf Gemeinden, setzt also die Struktur der zuletzt zu neun größeren Einheiten fusionierten Gemeinden fort. Neben der Friedensgemeinde (1), gingen die Gemeinde der Christuskirche und die Matthäusgemeinde zusammen (2), Eutingen und Buckenberg-Haidach (3), Philippus-, Johannesgemeinde und Huchenfeld (4) sowie Mühlhausen, Schellbronn, Hohenwart und Würm (5). Den Gemeinden würden dann Themenfelder zugeordnet. Beim Modell der fünf Schwerpunkte wiederum wurde von den Inhalten her gedacht und dann geschaut, wo diese verortet werden können. Die Gemeindegrenzen wären aufgehoben. Es gäbe die Jugendkirche, die mit der Ingeborg-Herrmann-Schule ins Zentrum ziehen könnte und bei der Konfirmationen angesiedelt wären. Es gäbe die Popularkirche, die neben Musik, Kunst und Bildung etwa Trauungen in vier Kirchen anbietet. Da wäre die Begegnungskirche rund um Altstadtkirche und Diakoniepunkte mit Seelsorge und Vesperkirche. Die Familienkirche würde auf dem Buckenberg an Vorhandenes anknüpfen. Die Predigtkirche würde die klassischen Gottesdienste in Berg-, Matthäus-, Stadtkirche, der Kirche Eutingen und der Kreuzkirche in Mühlhausen abdecken. Bei beiden Modellen gäbe es eine zentrale Leitung.
Der Prozess: Im Rahmen einer Infoveranstaltung bekommen Interessierte am 4. Mai Einblick. Über den Sommer wird dann weiter an den Modellen gearbeitet. Im Juli steht die nächste Synode an. Noch weiß keiner der Verantwortlichen, wohin die Reise am Ende geht. Sie selbst präferiere das Schwerpunkte-Modell, so Quincke. Sie glaubt, damit lasse sich der Auftrag der Kirche besser erfüllen. Funktionieren würden sie aber beide, sagt Pilz. Fest steht: Bis Jahresende müssen sich alle auf ein Zielbild verständigt haben.
www.evkirche-pf.de/ekiba2032
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