Südkurier Konstanz, 20.04.2023

 

„Eine sehr bewusste Kennenlernphase“

Was macht eigentlich ein Pfarrer im Probedienst? Octavia von Röder und Lukas Best erzählen

VON JANA MANTEL KONSTANZ.REDAKTION@SUEDKURIER.DE

Konstanz – Der Probedienst von Octavia von Röder, die als Pfarrerin im Probedienst in den evangelischen Gemeinden Litzelstetten und Wallhausen tätig ist, endet nächstes Jahr im Frühjahr, der von Lukas Best, Pfarrer im Probedienst in der Luthergemeinde Konstanz, ein Jahr später. Beide haben sich viel vorgenommen, haben aber auch schon viel hinter sich, denn wer sich für das Studium der evangelischen Theologie entscheidet, muss drei Sprachen erlernen: Latein, Altgriechisch und Althebräisch. Octavia von Roeder (30) sagt: „Ich habe in meinem Linked-in-Profil auch diese Sprachen angegeben beim Punkt Fremdsprachen“, und erntet ein Lachen ihres Kollegen Lukas Best (28).

„Ich habe mir die althebräischen Vokabeln mit der Hilfe von Figuren aus den Asterixheften gemerkt“, erklärt Best und von Roeder nickt: „Ich beim Kraulen und ich habe sie noch immer im Kopf, wenn immer ich schwimme!“ Ungewollt spinnt sie damit den Übergang zum Hier und Jetzt, denn die beiden jungen Menschen sind als Pfarrer im Probedienst angestellt, eine etwas holprige Berufsbezeichnung. Best erklärt: „Die Zuständigkeiten, also was man als Pfarrer im Probedienst alles darf und soll und was nicht, sind teilweise nicht so ganz klar“, beginnt er. „Ich kann und soll natürlich Gottesdienste halten, auch Trauungen, Taufen und Beerdigungen. Aber zum Beispiel habe ich selbst kein Stimmrecht in unserem Ältestenkreis. Diese und zum Beispiel auch personelle Angelegenheiten liegen in meinem Fall beim Dekan Markus Weimer. Alles in allem trage ich innerhalb meiner Luthergemeinde schon viel Verantwortung, aber in vielen Bereichen noch nicht ganz allein.“ Von Roeder gewinnt diesem etwas Positives ab: „Es ist für beide Seiten, also für die Gemeinde und für den Pfarrer gut, finde ich, man kann sich gegenseitig über einen langen Zeitraum kennenlernen. Nach der zweijährigen Probezeit wird abgestimmt und beide Seiten können entscheiden, ob sie weiter miteinander arbeiten möchten oder nicht. Das ist so etwas wie eine sehr bewusste Kennenlernphase.“ Dieses Vorgehen unterscheidet sich somit vom normalen Einsatz von Pfarrpersonen, die nach nur einem Vorstellungsgespräch oder einer Predigt vom Ältestenkreis der Gemeinde gewählt werden.

„Das Studium habe ich schon als sehr abstrakt und in Teilen intellektuell abgehoben erlebt“, so Roeder: „Meiner Meinung nach ist kaum ein anderes Studium so stark verankert in anderen Themengebieten wie Psychologie, Politik, Philosophie und beschäftigt sich mit grundlegenden Daseinsthemen. Das alles nun in das Heute zu bringen, ist meine Aufgabe. Das Gute daran ist, dass ich dabei auf Gott vertrauen kann.“ Best: „Man lernt viel theoretisches Handwerk und spürt, dass die eigenen persönlichen Themen immer parallel mitlaufen. Übrigens Themen, die alle Menschen beschäftigen und hier müssen wir darauf achten, die Menschen nicht zu sehr zu überfordern. Ich spüre, dass für mich mein Glaube ein starkes Fundament ist. Aber ich erkenne und verstehe auch, dass das vielleicht nicht bei allen anderen genauso ist.“

Beide erinnern sich, dass sie bereits im Studium viele Gespräch kontrovers geführt haben. Lukas Best sagt: „Ein Thema, das mich umtreibt, ist die Hoffnung. Wie kann ich hoffen, wenn alles so schwierig scheint?“ Octavia von Roeder unterbricht ihn: „Da spielt für mich das Thema Vergebung hinein. Das ist originär eine christliche Botschaft und steht für Fehlerfreundlichkeit. Wir müssen nicht immer super sein und alles perfekt hinkriegen“, sagt sie. Beide sind sich einig, dass es auch ein entspanntes Gefühl sein kann, nicht zu denken, dass alles nur mit einem allein steht oder fällt und man stattdessen auf einen Gott vertrauen kann. Sie möchten Kirche als einen Ort etablieren, der eine Brücke zu den Menschen sein kann. Dafür nehmen sie sich neben ihren Predigten in den Gottesdiensten auch viel Zeit für Gespräche. Roeder: „Diese Gespräche haben eine andere Intensität als die Gottesdienste. Hier erfahre ich, was die Menschen umtreibt. Für mich ist ein Gottesdienst dann wie eine Einladung zum Essen, man versammelt sich gemeinsam an einem Tisch.“

Best mag dieses Bild der Essenseinladung und ergänzt: „Gott hat uns sozusagen die Zutaten für die Mahlzeit gegeben und wir können das Gericht nun zubereiten. Wie immer braucht es dafür eine gute Mischung an Gewürzen, in unserem Fall sind das die Menschen gepaart mit einer christlichen Botschaft.“ Lukas Best betont noch, dass er besonders auf junge Familien baut, die für ihn für eine starke Gesellschaft stehen. Von Roeder erwähnt, dass sie in eine sehr gut funktionierende Gemeinde gekommen sei, mit vielen Ehrenamtlichen. Dennoch hat auch sie weitere Ideen für die Zukunft: „Ich könnte mir zum Beispiel Literaturgottesdienste vorstellen oder eine Art Wohnzimmerkirche mit Musik.“

Zu den Personen

Lukas Sebastian Best wurde am 31. Oktober 1994 in Heidelberg geboren und studierte nach dem Abitur evangelische Theologie in Tübingen, Greifswald und Heidelberg. Im Jahr 2020 schloss er das Studium erfolgreich ab, sein Vikariat absolvierte er im Anschluss in Rheinfelden-Herten. Seit März 2023 ist er nun Pfarrer im Probedienst der Luthergemeinde Konstanz. Sein Einführungsgottesdienst findet am 30. April um 17 Uhr in der Lutherkirche in Konstanz statt.

Octavia von Roeder wurde am 7. April 1992 in Offenburg geboren und studierte nach dem Abitur und einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) in Indien evangelische Theologie in Leipzig, Berlin, Jerusalem und Heidelberg (2012-2019). Ihr anschließendes Vikariat absolvierte sie in der Kreuzgemeinde in Konstanz-Allmannsdorf. Seit Januar 2023 ist sie Pfarrerin im Probedienst in den evangelischen Gemeinden Litzelstetten und Wallhausen.