Rhein-Neckar-Zeitung - Heidelberger Nachrichten, 17.04.2023

 

Personalmangel in der Kita sorgt für Ärger

Verantwortliche widersprechen „seltsamen Gerüchten“ über evangelischen Kindergarten

Schönau. (luw) Die Kombination aus extrem vielen Krankmeldungen und Fachkräftemangel hat gerade in diesem Winter vor allem Betreuungseinrichtungen hart getroffen – und damit auch alle Eltern, die auf Betreuungsplätze für ihre Kleinen angewiesen sind. Auch im evangelischen Kindergarten der Klosterstadt sind die Öffnungszeiten wegen Personalmangels derzeit eingeschränkt. Dies sorgt bei einigen Eltern für besonders großen Unmut. Diese Stimmung war wohl der Nährboden für die Entstehung einiger „seltsamer Gerüchte“, wie es die zuständige Pfarrerin Agnes Seyferth nun auf Nachfrage der RNZ nannte.

So hatte die Redaktion einen vermeintlichen Hinweis erhalten, der in Teilen der Bevölkerung schon als wahr angenommen worden war und entsprechend für Kopfschütteln gesorgt hatte: Angeblich habe sich eine pädagogische Fachkraft mit nicht-christlicher Konfession beim Kindergarten beworben – dieser habe die Frau aber aufgrund ihres Glaubens und ungeachtet der dünnen Personallage abgelehnt, hieß es.

„Das stimmt nicht“, entgegnet Seyferth. Richtig sei, dass der Kindergarten seinerseits auf eine gelernte pädagogische Fachkraft zugekommen sei: Sie habe den Abschluss aber im Ausland erworben – und bisher hätten die deutschen Behörden die Qualifikation nicht anerkannt. Man stehe aber in Verbindung mit dem Job-Center, um dafür zu sorgen, verspricht Seyferth.

Zugleich erklärt sie: Laut den „Anstellungsvoraussetzungen“ der Evangelischen Landeskirche Baden sollte Personal des evangelischen Kindergartens einer christlichen Kirche angehören. Jedoch: „Wir sind gerade dabei, ein sogenanntes interreligiöses Konzept auszuarbeiten, das uns Ausnahmen von dieser Regelung ermöglicht.“ In der Folge gehe es auch darum, den Kindern Toleranz und den Respekt für gesellschaftliche Vielfalt zu vermitteln. Ab wann dieses Konzept angewendet wird, liege nicht in den Händen der Einrichtung. Sobald dies abgeschlossen ist, sieht Seyferth gute Chancen für eine Anstellung der Frau: „Sie hat schon bei uns hospitiert, sie fühlte sich wohl und auch von den Kolleginnen gab es nur positive Rückmeldungen.“

Denn definitiv benötigt der Kindergarten mit 97 Kindern Verstärkung. 15 pädagogische Fachkräfte, eine „geeignete Nicht-Fachkraft“, eine Person in der praxisintegrierten Erzieher-Ausbildung (PIA) und eine Person im Bundesfreiwilligendienst seien dort gerade tätig. Allerdings seien dabei auch einige Teilzeitkräfte, sodass laut der zuständigen Verwaltungsgeschäftsführung „mindestens eine Vollzeitstelle“ zu besetzen ist.

„In ganz Deutschland fehlen 100 000 pädagogische Fachkräfte im Kindergartenbereich“, betont Seyferth. Dies sei einigen wenigen Eltern offenbar entgangen, die ihren Unmut über die eingeschränkten Öffnungszeiten – die drei Ganztagsgruppen schließen bereits um 15.45 Uhr statt erst um 16.30 Uhr – kundtun und eben auch falsche Gerüchte in Umlauf bringen würden. „Jetzt hieß es kürzlich, dass der Kindergarten nur evangelische Kinder aufnehmen würde“, berichtet sie – und widerspricht gleich: „Das ist völliger Schwachsinn. Wir fragen bei den Kindern nicht nach der Religionszugehörigkeit.“

Auch Elternvertreterin Katrin Biebighäuser weiß um den Ärger aufgrund der aktuellen Situation. Sie meint, dass es sich aber nur um einen kleinen Teil handele, der mitunter „aggressiv“ reagiere.

„Ich verstehe die Eltern auch, weil die fehlende Betreuung für sie oft große Not bedeutet.“ Gleichzeitig bescheinigt die 39-jährige Mutter dem Kita-Personal und dessen Leitung „sehr gute Arbeit“, sichert dieser ihre „volle Unterstützung“ zu und erinnert daran: „Es bringt nichts, wenn die bestehenden Kräfte verheizt werden, indem sie Überstunden anhäufen und keinen Urlaub kriegen: Dann besteht die Gefahr, dass sie sich beruflich umorientieren.“ Ebenso wie Seyferth hofft auch Biebighäuser auf die Zeit nach den Sommerferien: Dann beginnt das neue Ausbildungsjahr und man ist zuversichtlich, neues Personal einstellen zu können.