Mannheimer Morgen Stadtausgabe, 17.04.2023

 

Persönlicher Segen im Regen

Bundesgartenschau: Ökumenischer Eröffnungsgottesdienst im Möglichkeitsgarten der Kirchen

Von Peter W. Ragge

Elena (9) und Anton (6) Günnewig dürfen die Glocke, die von 1755 stammt, zum ersten Mal schlagen. Bis Oktober ruft sie jetzt auf dem Spinelli-Gelände zum Gottesdienst in den ökumenischen Möglichkeitsgarten der Kirchen. Beim Eröffnungsgottesdienst reichen die Stühle und Bänke nicht, viele Menschen müssen stehen – und das trotz schlechtem Wetter.

Der sonnige Buga-Eröffnungstag sei „für Anfänger, das hier ist für Fortgeschrittene“, scherzt Ralph Hartmann, der evangelische Dekan. Es weht ein kalter Wind, zwischendurch regnet es kräftig, aber die Gläubigen harren dennoch aus, bleiben fröhlich, zuversichtlich. Nichts drückt das besser aus als das Lied „Sei behütet auf Deinen Wegen“, wo es heißt „durch Sonnentage, Stürme und durch Regen, hält der Schöpfer über dir die Wacht“.

Das Mottolied von Pfarrer und Liedermacher Clemens Bittlinger hat ein Chor der Ehrenamtlichen mit Christiane Brasse-Nothdurft und Petra Cziesla eigens einstudiert, dazu einige andere Titel. Und selbst unter Schirmen und Regencapes schaffen sie es daher, für eine ganz besondere, gelöste Stimmung zu sorgen, die immer wieder Buga-Besucher zum Stehenbleiben animiert.

„Da wo Menschen zusammenkommen, da wo die Musik spielt, da ist unser Platz“, begründet Hartmann die ökumenische Präsenz auf der Bundesgartenschau. 2017 sei sie beschlossen, ab 2018 vorbereitet worden, ergänzt sein katholischer Kollege Karl Jung. Und beide danken der katholischen Gemeindereferentin Barbara Kraus, der evangelischen Pfarrerin Nina Roller und Valentina Ingmanns als Projektmitarbeiterin. „Sie haben sich zum absoluten Dream-Team entwickelt“, so Jung. Hinzu kommen 105 ehrenamtliche Mitarbeiter, aus denen heraus sich noch ein Chor gebildet hat, um die Gottesdienste und Veranstaltungen musikalisch zu begleiten.

Zum Eröffnungsgottesdienst macht er das mit einer Band aus Erwin Ditzner (Drums), Paata Demurishvili (Klavier) und Florian Wehse (Trompete, Gesang). Gemeinsam ergibt das „ein wunderschönes Bild, wie alle dem Wetter trotzen“, freut sich Hartmann. Und Jung sieht das als Beweis, wie „Kirche lebendig“ sei.

Doch über die Begegnungen mit Menschen hinaus sei beiden Kirchen noch mehr wichtig. Der ökumenische Möglichkeitsgarten solle, so Hartmann, ein „sichtbarer Impuls“ für eine Lebensweise sein, „die die Natur achtet, das Leben schützt“. Zuletzt hätten die Menschen den schönen Garten Gottes zunehmend zerstört, mahnt Hartmann.

Und Dekan Jung greift den, wie er sagt, „biblischen Impuls“ von Bundespräsident Steinmeier auf, der bei der Buga-Eröffnung vom Garten Eden gesprochen hatte. Gott baue auf den Menschen nicht nur als Gärtner, sondern als Partner bei der Bewahrung der Schöpfung. Bei der Buga gehe es darum, mit neuen Lebensentwürfen und Schöpfungsideen zu beginnen, „Wir wollen nicht einfach in die Zukunft hinein vertrösten, sondern heute den Beginn einer neuen Wirklichkeit angehen“, sagt Jung, ehe er mit Hartmann, Kraus und Roller jeden der Gottesdienstbesucher einzeln segnet – durch Handauflegen, wozu trotz Regen alle geduldig anstehen.