Badische Zeitung Lörrach, Weil am Rhein, 11.04.2023

 

Vorbildhaftes Zusammenrücken

Die Christuskirche ist eine Baustelle, sie wird innen komplett erneuert. Um die Kirche herum wird ein Dienstleistungszentrum gebaut.

LÖRRACH Wo bisher die Gläubigen saßen, fährt jetzt ein Bagger über aufgebrochenen Grund. Die Wand, vor der der Altar stand, ist ebenfalls aufgebrochen, man schaut hinaus ins Freie. An der Christuskirche liegen noch große Schutthaufen. Die Kirche ist komplett entkernt, hier entsteht Neues. „Das wird ein Dienstleistungszentrum mit geistlichem Kern“, sagt Pfarrer Markus Schulz. Denn nicht nur die Kirche selbst wird umgebaut. Im Viereck um die Kirche wird ein pavillonartiges Bauwerk entstehen. Darin wird das Diakonische Werk ein neues Zuhause finden. Ursprünglich sollte auch die Diakoniestation hier einziehen, doch das hat sich zerschlagen, die Architekten mussten nochmals umplanen. Jetzt wird das evangelische Verwaltungs- und Serviceamt die entstehenden Räume nutzen.

Die Kirche selbst bleibt von außen unverändert, im Innern ändert sich jedoch alles. Auf Höhe der Orgelgalerie wird eine Zwischendecke eingezogen. Der eigentliche Kirchenraum wandert in den ersten Stock. Im Erdgeschoss wird künftig das Gemeindezentrum sein, vielfältig nutzbar. Der jetzige Gemeindesaal, der während der Umbauzeit für die Messen genutzt wird, wird in einem zweiten Bauabschnitt abgebrochen. Im Erdgeschoss des Kirchturms, dort, wo früher die Sakristei war, wird künftig der Jugendraum sein, mit einem zweiten Raum im ersten Stock.


Ende Januar begann der Rückbau, dieer Tage soll er abgeschlossen sein. Dann geht es an Kanalarbeiten und Neubauten, erklärt der Lörracher Architekt Jürgen Moser. In einer Arbeitsgemeinschaft mit Sjoerd Shengena Zonderland aus Zürich hat er den Wettbewerb zum Um- und Neubau gewonnen. Im neuen, dem bisherigen Eingang vorgelagerten Bereich, wird es einen „Welcome Point“ geben, daneben ein Café, in dem sich die Bediensteten, aber auch Ehrenamtliche, die Klienten der Diakonie, Schülerinnen und Schüler, einfach alle treffen können. Geht man weiter hinein, läuft man auf eine Treppe zu, die in den Kirchenraum im ersten Stock führt. Daneben wird es für weniger mobile Personen einen Lift geben. Der Pavillon wird in Holzbauweise erstellt, aufs Dach kommen Photovoltaik-Module. Insgesamt wird auf Ökologie und CO2-Neutralität geachtet.


„Für uns ist das eine gute Möglichkeit, sich auf unseren geistlichen Kern zu besinnen“, sagt Karin Racke, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks. Denn Kirche und Diakonie gehören zusammen. Das war es auch, was bei der Evangelischen Landeskirche, die die Finanzierung genehmigen muss, Anklang gefunden hat: das Zusammengehen, die räumliche und geistige Nähe, die Ressourcen schont und Synergien schafft. Denn während anderswo Räume der Kirche aufgrund von Sparmaßnahmen aufgegeben werden, wird hier neu gebaut. Doch dieses Zusammengehen, was in Lörrach schon seit 2017 geplant wurde, sieht die Landeskirche auch für andere Orte als vorbildhaft, wie Markus Schulz sagt. Die Besucher der Diakonie, die etwa Beratungen in Anspruch nehmen, sollen einfach und barrierefrei ins Gebäude finden. Auch die Tagesstätte für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen wird hier einziehen und einen separaten, geschützten Zugang erhalten.
Gut acht Millionen Euro kostet der Umbau. Gegenüber der ersten Planung mussten die Architekten um 1,5 Millionen Euro abspecken, und grünes Licht gab die Landeskirche erst, als 70 Prozent der Gewerke ausgeschrieben waren und Kostensicherheit bestand, berichtet Moser. Im Vorfeld gab es einen intensiven Austausch zwischen Architekten und künftigen Nutzern, bei dem großer Wert auf Flexibilität gelegt wurde, was sich nun auszahlt, da statt der Diakoniestation das Verwaltungs- und Serviceamt einzieht. Es erledigt im Rahmen eines Zweckverbands der Kirchenbezirke Markgräflerland und Hochrhein die Buchhaltung, Haushaltsplanung, Personalplanung und die Betreuung der evangelischen Kindergärten, aber auch die kirchlichen Genehmigungsverfahren für Baumaßnahmen, wie der Leiter Armin Schnurr erläutert.


Diakonin Rebecca Vollrath freut sich, dass der Jugendraum aus dem Keller im Gemeindehaus herauskommt und Tageslicht und sogar eine Terrasse bekommt. Auch inhaltlich soll sich die Neuerung widerspiegeln: Seit zwei Jahren besuchen die Jugendlichen Fortbildungen, um die Jugendarbeit auf neue Beine zu stellen. Für die Zukunft stellt man schon vage Überlegungen an, was mit dem Gelände südlich der Kirche zur Markus-Pflüger-Straße hin geschehen könnte, das ebenfalls der evangelischen Kirche gehört. Möglicherweise wäre da eine Kita oder Wohnen denkbar, meint Markus Schulz.