Einschnitte im Kirchenbezirk Ortenau
Die Evangelische Landeskirche muss sparen. Auch im Kirchenbezirk Ortenau wird künftig nicht mehr jede Gemeinde einen eigenen Pfarrer haben. In „Kooperationsräumen“ sehen die Verantwortlichen aber auch Chancen.
Offenburg. Weniger Kirchensteuerzahler durch Austritte und demografischen Wandel, Rückgang der Hauptamtlichen und geänderte Bedürfnisse der Menschen: Um in Zukunft noch in der Gesellschaft präsent zu sein, will die Synode der Evangelischen Landeskirche in Baden mit dem Strategieprozess „Ekiba 2032 – Kirche.Zukunft.Gestalten“ den Herausforderungen der Zeit begegnen. Rund 100 000 evangelische Christen leben aktuell in der Ortenau, ein teils ländlich geprägter Kirchenbezirk mit einem aktiven Gemeindeleben. Dennoch hat der Kirchenbezirk in den letzten Jahren nahezu zwei Prozent der Mitglieder pro Jahr verloren.
Durch „Transformation“ sollen neue Organisations-und Arbeitsformen und Spielräume für kreative Ideen in Kooperationsräumen entstehen. „Reduktion“ ist das zweite Ziel mit der Vorgabe, bis 2032 insgesamt 30 Prozent der Haushaltsmittel der Landeskirche einzusparen, Gebäude auf den Prüfstand zu stellen und Personalstellen von aktuell 53 auf nur noch 40 abzubauen. Die Kürzungen werden erfolgen durch Stellenwechsel und Eintritt in den Ruhestand. „Noch geht es uns finanziell gut, wir haben noch Spielraum“, sagte Rainer Becker, Dekan in Lahr beim Pressegespräch, doch Prognosen zeigten deutlich, dass die künftigen Steuereinnahmen nicht ausreichen, um so weiterzumachen wie bisher. Bereits seit 2019 werden vom Oberkirchenrat Vorschläge erarbeitet, jetzt gehe es um passende Lösungen und Wege der Umsetzung, die vor Ort in den Kirchenbezirken, Gemeinden und kirchlichen Diensten umgesetzt werden sollen. Das geschieht künftig in Kooperationsräumen. Ein Pfarrer, eine Pfarrerin werden dann für etwa 2100 Gemeindemitglieder zuständig sein.
Aktuell sind für die Ortenau sieben bis acht solcher Kooperationsräume angedacht, deren Zuordnung jedoch noch nicht endgültig fest liegt. Erst im November 2023 erfolge der Beschluss durch den Ortenaukirchenrat. Die Kooperationsräume werden die Ortsgemeinden dahingehend verändern, dass man über Ortsgrenzen hinaus geht und Haupt-und Ehrenamtliche zusammen arbeiten. Wo heute einzelne Hauptamtliche in einzelnen Gemeinden wirken werden künftig Dienstgruppen für die Gemeinden des Kooperationsraumes zuständig sein. Die Zusammenarbeit ermögliche auch eine Spezialisierung, denn wenn ein Pfarrer beispielsweise die Konfirmandenarbeit für alle übernimmt, hätten die anderen mehr Zeit für andere Aufgaben.
Auch werden 30 Prozent der Kirchengebäude künftig nicht mehr aus landeskirchlichen Mitteln bei Sanierungsmaßnahmen bezuschusst werden. Welche Gebäude gefördert werden und welche nicht, entscheidet der Ortenaukirchenrat. Dazu wurde eine sogenannte Gebäudeampel eingeführt. Von 115 Kirchen und Gemeindehäusern stehen 41 auf Grün. 16 sind hellgrün, in ihrem Bestand gesichert, weil die Finanzierung hauptsächlich bei einer kirchlichen Stiftung liegt. 24 stehen auf Gelb und 34 auf Rot.
„Grüne Gebäude“ sind solche, die langfristig gehalten werden. Für „Gelb“ ausgewiesene Gebäude werden Maßnahmen, die der Verkehrssicherheit des Gebäudes dienen, von der Landeskirche hälftig mitfinanziert, es gibt jedoch keine Bezuschussung von Sanierungsarbeiten. Für „Rote Gebäude“ gewährt die Landeskirche keine Baufördermaßnahmen mehr. Die Kirchengemeinde muss überlegen, ob sie das Gebäude aus Eigenmitteln erhalten oder gegebenenfalls verkaufen will.
Möglich sei aber auch eine Vermietung oder eine gemeinsame ökumenische Nutzung von Gebäuden. Die Entscheidung für oder gegen ein Gebäude werde niemandem leichtfallen. „Historische Kirchengebäude wollen wir soweit als möglich erhalten“, so Frank Wellhöner, Dekan in Offenburg. Zentrales Anliegen des Ortenaukirchenrates sei es, dass möglichst jede Gemeinde ein grünes Gebäude erhält. Der endgültige Vorschlag soll wie bei den anderen Reduktionsthemen Mitte Juli erfolgen, der Beschluss im November 2023 nach Anhörung der Ortenausynode und nochmaliger Anhörung der Kirchengemeinden.
Bereits in diesem und in den kommenden zwei Jahren werden Ausrichtungstreffen stattfinden, wo weiter erarbeitet werden soll, wie man Gottes gute Botschaft in die Welt tragen kann, obwohl die Spielräume kleiner werden, kündigte Dekan Oliver Wehrstein, (Region Kehl) an. Kirche wolle weiterhin bei den Menschen sein. Klinikseelsorge, Seniorenarbeit, Telefonseelsorge sowie die Projekte von „Kirche und Tourismus“ würden erhalten. Öffentlichkeitsarbeit solle stärker über die Angebote in den Kooperationsräumen informieren. Zurückziehen werde man sich auch nicht aus der Gefängnisseelsorge und den diakonischen Aufgaben wie etwa der Lahrer Tafel oder dem Café Löffel.
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