Schwetzinger Zeitung, 03.04.2023

 

Frommel-Haus mit Fragezeichen

Evangelische Kirche: Bei Gemeindeversammlung wird über den Strategieprozess und seine Folgen vor Ort gesprochen

Von Marion Brandenburger

Altlußheim. Die Landeskirche Baden reformiert sich und geht neue Wege. Das war der Hauptgesprächspunkt in der Gemeindeversammlung der evangelischen Kirchengemeinde. Nachdem Birgit Kuprion die Besucher der Gemeindeversammlung begrüßt hatte, gab sie das Wort an Iris Walter vom Bezirkskirchenrat weiter. Ausführlich berichtete Iris Walter von dem Prozess der Transformation und Reduktion, den die evangelische Landeskirche Baden anstrebt und in Teilen bereits auf den Weg gebracht hat.

Die Fakten ließen die Gemeindemitglieder mehr als aufhorchen. Dass die Kirche von Mitgliederschwund betroffen ist, mag nun nichts Neues sein. Damit kämpfen die katholischen Kollegen auch und das heftig. Die Landeskirche denkt bis in das Jahr 2060 voraus, wo mit einem Mitgliederverlust von 50 Prozent kalkuliert wird. Das zieht natürlich auch finanzielle Konsequenzen nach sich.

Demografisches Problem

Das demografische Problem ist das eine, den jungen Menschen die Kirche näherzubringen, das andere. Die Kirche muss sich neu aufstellen, es muss gespart werden, aber es gilt gleichzeitig, die Seelsorge nicht zu vernachlässigen. Ein Stellenabbau in Pfarr- und Diakonstellen wird unausweichlich sein, aber für die Horan-Gemeinden ist dennoch nicht allzu schwarz zu sehen.

Im ganzen Bezirk über die Horan-Grenzen hinaus wurden Moderatoren- und Strategiegruppen gegründet, wohlweislich auch mit jungen Menschen. Es gilt, neue Blickwinkel zu erschließen und die Arbeitsgruppen leisten bereits wertvolle Arbeit. „Das Ehrenamt kann nicht dauerhaft verlässlich beansprucht werden“, fasste Iris Walter zusammen. In den kommenden Jahren werden die Pfarreien der Horan-Gemeinden verstärkt zusammenarbeiten und vernetzt werden.

Zum Personal führte Walter aus, dass Kürzungen kommen werden, man versucht so wenig wie möglich, aber die Kirche hat auch ein Nachwuchsproblem. Auf jeden Fall soll die Präsenz in den einzelnen Gemeinden erhalten werden. Ein weiters Problem sind die Gebäude, also Gemeindehäuser und Kirchen in erster Linie.

Alles kommt auf den Prüfstand

Altlußheim hat das Glück, nach der Kirchenrenovierung ein energetisch „grünes“ Gebäude zu haben. Dafür gibt es Probleme mit dem Emil-Frommel-Haus, das nachhaltig saniert werden muss. Die Gebäude in allen Gemeinden wurden bewertet und in ein Ampel-System sortiert. Was grün ist, ist zukunftsfähig, was rot ist, stellt ein Problem dar. Die als gelb eingestuften Gebäude bedürfen noch einer genaueren Beurteilung. Ausgenommen aus dem System sind die Kindergärten und Pfarrwohnungen.

Bis 2040 muss alles klimaneutral sein. Da kommt auf die Kirchengemeinden einiges zu, denn wer jetzt keinen zukunftsfähigen Plan für die nächsten zehn Jahre präsentieren kann, darf nicht auf Zuschüsse der Landeskirche hoffen. Das mussten die Kirchengemeinderäte und die Gemeindemitglieder erst einmal schlucken. Was sich böse anhört, ist ein Prozess, der auf die nächsten Jahrzehnte angelegt ist. Aber man muss ja mal irgendwann mit den Reformen anfangen.

Im zweiten Tagesordnungspunkt ging es um den Haushalt und da hatte Simone Heitz als Vorsitzende des Verwaltungs- und Serviceteams Meckesheim viele Zahlen dabei. Der Haushalt 2022 war knapp ausgeglichen, aber die Kirchengemeinde Altlußheim hat wie viele andere mit steigenden Kosten zu kämpfen und es gilt, Defizite zu vermeiden, soweit möglich. Noch sieht die Bilanz gut aus, aber mit fortschreitenden Aufgaben werden auch die finanziellen Anforderungen nicht kleiner.

Zu Punkt drei, über die Arbeit der Schwerpunktgruppen, die sich in Folge der Horan-Visitation gebildet haben, gab Diakon Jascha Richter kurz einen Überblick. Die einzelnen Gruppen arbeiten zu Themen wie Kirchenmusik, Kinder- und Jugendarbeit, Gottesdiensten und Kasualien, zu denen unter anderem Taufen und Trauungen gehören. Es geht um die Gestaltung und auch um Neuerungen. Bei den Konfirmationsvorbereitungen will man neue Wege gehen, denn ein wöchentlicher Konfirmandenunterricht sei nicht mehr zeitgemäß. Hier werde es gemeinsame Wochenenden geben oder komprimierte Vorbereitungen in den Herbst- und Osterferien.

Kooperationsvertrag zum Kiga

Wie bei allen Tagesordnungen gab es den Punkt „Verschiedenes“. Bürgermeister Uwe Grempels informierte zum Thema Übernahme des Kindergartens „Regenbogen“ durch die Gemeinde Altlußheim und erläuterte den Übergangsprozess. Jascha Richter betonte hierzu, dass es einen Kooperationsvertrag zur Religionspädagogik geben wird.

Was die Reformen der badischen Landeskirche anging, wurde noch eifrig nach Ende der offiziellen Versammlung diskutiert. Iris Walter formulierte das recht anschaulich zum Schluss: „Wir müssen das Feuer weitergeben, nicht die Asche hüten.“