Fränkische Nachrichten Tauberbischofsheim, 14.03.2023

 

Bezirksjugendreferent verabschiedet

Besonderer Gottesdienst: „Kirche soll religiöse Biografien ermöglichen“, lautet die Überzeugung von Alexander Kirchhoff

Jan-Eberhard Jahn

Wertheim. In der Stiftskirche in Wertheim fand am Freitagabend ein besonderer Gottesdienst statt: Der Kirchenbezirk Wertheim nahm offiziell Abschied von Alexander Kirchhoff, dem langjährigen Bezirksjugendreferenten. Er koordiniert künftig die Evangelische Erwachsenenbildung in der Region und übernimmt die Kinder- und Jugendarbeit im Schüpfer Grund (Boxberg).

Bezirksjugendpfarrerin Laura Breuninger aus Königshofen leitete den Gottesdienst. Die etwa 50 Gläubigen füllten die kalte Kirche mit lebendigem Gesang. Kirchhoffs Musikbegeisterung wirkte schon zu Beginn ansteckend: Klatschend und Finger schnipsend sang die Gemeinde, von ihm angeleitet, im Kanon.

Dekanin Wibke Klomp, die Laudaer Pfarrerin Marie-Louise Scheuble, Ehrenamtliche aus der Jugendarbeit sowie der badische Landesjugendpfarrer Jens Adam hielten Grußworte und segneten den scheidenden Referenten. In der Bibellesung aus dem Matthäusevangelium hieß es: „Sorgt euch nicht um morgen“. Vielleicht war es nötig, daran zu erinnern. Schließlich bleibt noch unklar, wer die Aufgaben des Jugendreferenten im Kirchenbezirk künftig übernehmen soll und wie es in der Jugendarbeit überhaupt weitergeht.

Seit 2008 koordinierte Kirchhoff in Zusammenarbeit mit dem Jugendpfarrer beziehungsweise der Jugendpfarrerin die Kinder- und Jugendarbeit im Kirchenbezirk Wertheim und griff den Kirchgemeinden mit Geld, Material und pädagogischer Kompetenz unter die Arme. „Die Hauptaufgaben eines Jugendreferenten sind die Anleitung der Ehrenamtlichen und die Organisation der jährlichen viertägigen Freizeit für die etwa 140 Jugendlichen, die im Kirchenbezirk pro Jahr konfirmiert werden“, erklärt der Sozialpädagoge. Künftig wird er zwei verschiedene Arbeitsstellen, jeweils in Teilzeit, besetzen: die Kinder- und Jugendarbeit im Schüpfer Grund (Boxberg) sowie die Geschäftsführung der Evangelischen Erwachsenenbildung Odenwald-Tauber.

Motivation

Kirchhoff ist gelernter Informationselektroniker. Auf dem zweiten Bildungsweg machte er Abitur, studierte Sozialpädagogik und machte seine Berufung zum Beruf. „Meine Motivation stammt aus dem eigenen Erleben christlicher Gemeinschaft“, sagt er und ist überzeugt: „Kirche soll religiöse Bildungsbiografien ermöglichen, bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Wir sollten die Menschen im Blick haben, nicht deren Ortsbindung. Wir können die Kirche nicht im Dorf lassen, denn die Menschen sind unterwegs.“

Er erinnert sich: Zu Beginn seiner Amtszeit konnte er Jugendliche motivieren, einem alten ökumenischen Jugendkreuzweg neues Leben einzuhauchen. In die dazugehörende Ausstellung in der Michaeliskirche auf dem Wertheimer Reinhardshof kamen dann nicht nur Kinder im Rahmen des Konfirmationsunterrichts, sondern auch Gruppen von der Berufsschule. „Es geht gar nicht darum, dass die dann auch sonntags in den Gottesdienst kommen. Denn der Gottesdienst ist nicht zwingend der Mittelpunkt einer evangelischen Gemeinde. Jede Art kirchlicher Veranstaltung hat einen Wert. Es geht mir darum, christliche Werte zu pflanzen und authentisch vorzuleben“, sagt Kirchhoff.

Er bringt die Ziele kirchlicher Jugendarbeit auf den Punkt: „Jugendliche sollen erfahren können, losgelöst von gesellschaftlichen Zwängen angenommen und akzeptiert zu sein. Schließlich nimmt Gott uns auch an, wie wir sind. Allerdings bin nicht nur ich gewollt, die anderen sind es auch. Damit müssen wir umgehen“. In einer christlichen Jugendgruppe gehe es schließlich nicht nur ums Beten. Kurz und weltlich gesprochen: Kirche soll Wertschätzung üben und vorleben, die vielleicht tiefer geht als das Miteinander in einem Sportverein.

Mehr als 5000 Kirchenmitglieder unter 26 Jahren leben in der Region. Aber ein erheblicher Teil der kirchlichen Jugendarbeit kam durch Corona zum Erliegen „Wie kriegen wir das aufgefangen?“, fragt sich Kirchhoff.

Der Jugendexperte ist überzeugt, dass die Pandemie auf die jungen Menschen generell einen großen Einfluss hatte: „Bei der letzten Konfi-Fahrt waren Zwölfjährige dabei, die noch nie vorher über Nacht von zu Hause weg waren. Das gab es vorher so nicht.“

In den Gemeinden müsse die Jugendarbeit zum Teil völlig neu aufgebaut werden.

Im Schüpfer Grund ist das seit Februar Kirchhoffs Aufgabe. Dort hat er es nicht wie bisher vor allem mit Ehrenamtlichen, sondern mit den Kindern und Jugendlichen selbst zu tun.

Im Anschluss an den Gottesdienst gab es einen Imbiss.