Mannheimer Morgen Stadtausgabe, 21.01.2023

 

Kirche will größer denken

Oststadt/Schwetzingerstadt: Evangelische Gemeinde schrumpft – und zeichnet ihr Repair-Café-Team mit dem Christus-Frieden-Engel aus

Von Sylvia Osthues

Beim Gottesdienst in der Christuskirche wurde der Christus-Frieden-Engel an das Repair Café der Christus-Frieden-Gemeinde verliehen. Anschließend gab es einen kleinen Empfang im Konfirmandensaal. Der Christus-Frieden-Engel erinnert an den weithin sichtbaren Erzengel Michael auf dem Turm der Christuskirche. Mit ihm werden Gemeindemitglieder geehrt, die sich in besonderer Weise ehrenamtlich engagiert haben.

700 Gegenstände in Stand gesetzt

In diesem Jahr wurden das Team des Repair Cafés gewürdigt durch Pfarrerin Maibritt Gustrau, die auch den Gottesdienst zelebrierte. Ein stetig wachsendes Team unter der Leitung von Fabian Erat repariert seit 2016 an sechs Samstagen im Jahr im Gemeindesaal der Friedenskirche alles, was kaputt gehen kann. Initiiert wurde das Repair Café vom ehemaligen Rektor der Hochschule Mannheim, Dietmar von Hoyningen-Huene, der auch den Kontakt zu den Werkstattleitern der Hochschule, Gerhard Piller und Klaus Endress, herstellte.

Die Firma Erler & Wöppel spendierte die orangefarbenen T-Shirts mit Logo für das Repair-Team. Von Anfang hat das Team entsprechend der niederländischen Plattform Repair Café keine Dienstleistungen erbracht. Die Besucher geben ihre Geräte nicht ab, um sie dann nach zwei Stunden wieder repariert abzuholen, sondern Gast und Experte reparieren gemeinsam. Insgesamt wurden an 36 Samstagen 1080 Elektrogeräte, Fahrräder, Spielsachen oder Kleinstmöbel repariert.

Bei einer Erfolgsquote von 65 Prozent sind das 700 Gegenstände. „Mit dem Repair Café leistet die Christus-Frieden-Gemeinde einen aktiven Beitrag zur Müllvermeidung und zur Bewahrung der Schöpfung“, lobte die Pfarrerin. Zum Erfolg trügen auch der freundliche Empfang, die leckeren Kuchen und der ausgezeichnete Kaffee bei.

Friedenskirche ohne Bestand

Beim anschließenden Neujahrsempfang im Konfirmandensaal blickte Pfarrer Stefan Scholpp, der Mannheim zum 1. März in Richtung Berlin verlässt (wir berichteten), zurück auf neuneinhalb Jahre Dienst gemeinsam mit Maibritt Gustrau in der Christus-Frieden-Gemeinde, die 2013 gerade frisch fusioniert war: Unter anderem die Erstellung von zwei verschiedenen Konzepten für die beiden unterschiedlichen Gemeinden, die handgeschriebene „Mannheimer Bibel“, die Zeitzeugenbücher sowie generell die schwierige Pandemie-Zeit.

Sorgen bereiten Scholpp drei grundlegende Entwicklungen. Der Mitgliederschwund bei der Christus-Frieden-Gemeinde von 5800 in 2013 auf heute 4600 Menschen, außerdem weniger Mitarbeiter und weniger Selbstverständnis, beispielsweise in die Kirche zu gehen an Weihnachten. „Was wir nicht verhindern können, müssen wir gestalten“, forderte Scholpp. Angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen und Ressourcen würden sie nicht alle Gebäude halten können.

Dennoch müsse größer gedacht werden. „Die größte Chance der Christus-Frieden-Gemeinde ist die Christuskirche“, sagte er. „Deshalb ist die Sorge um das zentrale Gebäude des evangelischen Christentums in der Stadt, um den Mannheimer Dom, das wichtigste.“ Die Vorsitzende des Ältestenkreises, Brigitte Hohlfeld, forderte bei ihrem Ausblick auf das neue Jahr zum Handeln auf.

Zwei große Baustellen gelte es zu bewältigen. Erstes Aktionsfeld ist die Neubesetzung der Pfarrstelle. Nach Ausschreibung am 1. Februar, Vorstellungsgottesdiensten voraussichtlich am 2,. 16. und 30. April sowie Gesprächen mit den Kandidaten am 10. Mai folgt am 12. Mai der Wahlgottesdienst. „Am 1. September könnte dann das Amt besetzt sein“, sagte Hohlfeld.

Zweite Baustelle ist der von der Landessynode verabschiedete Kirchenmasterplan mit Klassifizierung der Gotteshäuser in A-, B- und C- Kirchen (mittlerweile Ampel). Holfeld erklärte: „Nur die A-Kirchen (grünen Kirchen), zu denen auch die Christuskirche gehört, haben langfristig eine Zukunft.“ Nach Überzeugung des Ältestenkreises gehöre die als B-Kirche eingestufte Friedenskirche nicht dazu. „Sie wird in den nächsten Jahren aufgegeben werden.“ Der Ältestenkreis habe dazu bereits Beschlüsse gefasst.