Rhein-Neckar-Zeitung - Heidelberger Nachrichten, 25.01.2023

 

„Dem Ginkgo wird kein Blatt gekrümmt“

Vertrag zum Providenzgarten noch immer nicht unterzeichnet – Evangelische Kirche verspricht Rettung des Naturdenkmals

Von Holger Buchwald

Wann hat die Geschichte um den Providenzgarten ein Ende? Seit dreieinhalb Jahren warten die Altstädter nun schon darauf, dass dieser Teil des ehemaligen kurfürstlichen Herrengartens hinter der Providenzkirche für die Allgemeinheit geöffnet und damit ein Gemeinderatsbeschluss umgesetzt wird. Doch der Erbpachtvertrag zwischen der Evangelischen Kirche und der Stadt Heidelberg ist noch immer nicht unterzeichnet. Und daher gab es nun im Stadtentwicklungs- und Bauausschuss wie schon zuvor im Bezirksbeirat Altstadt wieder längere Diskussionen.

Grund für die Debatte war ein Antrag der Bunten Linken, der ursprünglich auch von der Linken, der SPD und den Grünen unterstützt wurde, für das Areal einen Bebauungsplan aufzustellen. Sie befürchteten, dass der von der Evangelischen Kirche geplante Neubau des Gemeindezentrums die alten, schützenswerten Bäume im Providenzgarten gefährden könnte. Mit klaren Vorgaben im Bebauungsplan könnte das verhindert werden.

Besonders liegt „Bunte Linke“-Stadtrat Arnulf Weiler-Lorentz der mehr als 150 Jahre alte Ginkgo am Herzen. „Es ist einer der ältesten Bäume dieser Art in Deutschland und er liegt so nahe am geplanten Gemeindezentrum, dass er bei einer Neubebauung Probleme machen könnte.“ Bislang habe der Stadtrat keine Unterlagen zu Gesicht bekommen, aus denen hervorgehe, dass der Baum auf jeden Fall erhalten werden könne. „Ich hätte erwartet, dass man uns zumindest einen Vertragsentwurf vorlegt, wenn man schon keinen Bebauungsplan machen möchte.“ Angaben zur Grundfläche des Gemeindezentrums, zur Höhenentwicklung des Gebäudes und zum Baumbestand, mehr müsste in den Augen des Stadtrats in einem Bebauungsplan gar nicht geregelt werden.

Baubürgermeister Jürgen Odszuck wehrte sich hingegen gegen den langwierigen Bebauungsplan. Er könne auch nicht helfen, da eine Bauvoranfrage der Kirche bereits positiv beschieden wurde. „Warum beantragen Sie nicht einfach das, was Sie hier vorbringen?“, fragte er in Richtung von Weiler-Lorentz. Odszucks Vorschlag: Die Stadträte sollten fordern, dass der Ginkgo auf jeden Fall gerettet werden müsse und die Stadt ansonsten die Baugenehmigung zurücknehmen dürfe. Zugleich ärgerte sich Odszuck über das Misstrauen gegenüber der Evangelischen Kirche. „Das ist unsere Stadtkirche, unser Partner.“ Am Ende nahmen die Stadträte die Informationsvorlage zur Kenntnis und stellten keinen Bebauungsplan auf.

Bereits im Oktober letzten Jahres hatten die Kirche und die Stadt verkündet, dass der Erbpachtvertrag zum Providenzgarten final abgestimmt sei. Nun heißt es, dass sich daran nichts geändert habe. „Es ist davon auszugehen, dass die notarielle Vertragsunterzeichnung zwischen Stadt und Kirche in Kürze stattfinden kann“, so ein Stadtsprecher. Gemeinsam setze man sich dafür ein, dass der Baumbestand im Providenzgarten und insbesondere der Ginkgo nachhaltig geschützt werden. Dies werde auch in der Nutzungsvereinbarung festgehalten.

„Uns liegen die Bäume auf dem Providenzgelände und ganz besonders der schützenswerte Gingko am Herzen“, unterstreicht auch Dekan Christof Ellsiepen. Es gebe bereits seit letztem Sommer eine Kooperation mit dem Landschafts- und Forstamt der Stadt Heidelberg, das die Baumpflege auf dem Areal übernommen und ebenfalls ein besonderes Augenmerk auf den Gingko habe. Ellsiepen: „Ein Neubau des Gemeindehauses ist noch nicht in konkreter Planung, aber bereits beim bestehenden Bau wurden damals bauliche Maßnahmen zum Schutz der Wurzeln des Gingko-Baumes vorgenommen. Diese würden wir bei einem zukünftigen Neubau natürlich ebenso fortführen, denn die Wahrung der Schöpfung verstehen wir seit jeher als einen wesentlichen Auftrag der Kirche“, versichert der Dekan. Eine Sprecherin der Evangelischen Kirche verspricht: „Dem Ginkgo wird kein Blatt gekrümmt.“

Der Erbpachtvertrag sieht vor, dass eine 1200 Quadratmeter große Fläche in Kirchenbesitz der Stadt Heidelberg für 60 Jahre überlassen wird. Eine Bürgerinitiative sammelte dafür die notwendigen 2,2 Millionen Euro an Spendengeldern ein. Sobald der Vertrag unterzeichnet ist, könne das Gelände aber nicht sofort geöffnet werden, bittet ein Stadtsprecher um Geduld. Zunächst müssten noch die Nutzungsbedingungen geklärt werden. Möglich ist zum Beispiel, dass das Areal mitten in der Altstadt nachts abgeschlossen wird.