Warum Pfarrerin Suse Beste jetzt Schriesheim verlässt
Suse Best war fast 15 Jahre Pfarrerin an der Evangelischen Kirche Schriesheim. Nun wechselt sie nach Bötzingen.Von Marion Gottlob
Schriesheim. "Ich war gerne evangelische Pfarrerin hier. Der Abschied ist nicht leicht. Aber ich möchte noch einmal einen Neuanfang machen. Deshalb haben mein Mann Hermann und ich uns zu einem Wechsel entschieden." Die 59-Jährige hat sich erfolgreich um eine Stelle in Bötzingen nahe Freiburg beworben und wird die Bergstraße verlassen . "Bötzingen ist wie Schriesheim eine Weingegend", freut sie sich und schaut auf fast 15 erfüllte Jahre in Schriesheim zurück.
Suse Best ist mit ihren drei Geschwistern in einem Weinbaubetrieb in Brackenheim bei Heilbronn aufgewachsen. "Damals war es so, dass die Kinder mehrere Tage schulfrei bekommen haben, um den Eltern bei der Traubenernte zu helfen", erinnert sie sich. "Es wurden per Hand auch die zu Boden gefallenen Trauben aufgelesen." Heute undenkbar. Inzwischen hat eine ihrer Schwestern den Betrieb übernommen. Bis heute ist die Pfarrerin jedes Jahr beim Herbsten dabei. "Das ist dann immer ein wunderbares Familientreffen", sagt sie.
Schon in ihrer Jugend hatte Suse Best engen Kontakt zur evangelischen Kirche. "Ich war in der Mädchen-Jungschar, im Mädchen-Kreis und im Chor." Dank der Förderung durch den Pfarrer erlernte sie das Spiel auf dem Klavier und der Querflöte. Nachdem ihre Begabung zum Gesang (Alt) entdeckt worden war, sang sie beim baden-württembergischen Landeschor in Stuttgart mit: "Dort habe ich viel gelernt", betont sie. Als Jugendliche war sie auch im evangelischen Bezirksjugendwerk aktiv – und lernte ihren späteren Mann kennen.
Nach der Schule entschied sie sich für den Beruf der Krankenschwester: "Ich bin sehr dankbar für die Ausbildung. Hier arbeitet man – wie im Pfarrberuf – mit Menschen in Grenzsituationen." Das Interesse an theologischen Fragen war jedoch geblieben. Schließlich war es ihr Ehemann Hermann, der sie zum Theologie-Studium ermutigte. Also wagte Suse Best auch damals den großen Sprung ins Neue: Sie begann das Studium der Theologie in Tübingen, das sie in Heidelberg beendete. Die beiden Söhne Benjamin und Lukas sind während des Studiums zur Welt gekommen. "Das war schon schwierig. Ich musste mich sehr gut organisieren", sagt sie.
Das Studium begeisterte sie: "Es war spannend. Ich habe Latein, Griechisch und Hebräisch gelernt. Dann habe ich zudem gelernt, in die Tiefe zu gehen. Man erhält Impulse von Dozenten, die man sonst nicht hätte." Fast genauso wichtig waren ihr die Gespräche mit den Kommilitonen. Ein Dank geht an ihren Mann, der als Ingenieur ihr Studium der Geisteswissenschaften immer unterstützte. Nach dem Studium erlebte Best erst einmal das, was einige entmutigt hätte: Es gab zu viele Pfarrer. Außerdem fühlte sich keiner so recht für sie zuständig, weil sie von Geburt an in der evangelischen Kirche von Württemberg beheimatet war, aber ihr Studium in Baden beendet hatte. Doch dann wurde sie über Kursleitertagungen der Glaubenskurse "Stufen des Lebens – Religionsunterricht für Erwachsene" in der badischen Landeskirche bekannt, und es öffneten sich Türen.
Sie absolvierte das Vikariat in Meckesheim und kam 2008 als evangelische Pfarrerin nach Schriesheim . Rasch wurden sie und ihre Familie in "Schriese" heimisch. "Wenn ich mit meinem Mann spazieren ging, sahen die Menschen erst kurz zu mir – und dann umso länger zu dem Mann an meiner Seite. Aber da es all die Zeit derselbe Mann blieb, wurden die Blicke immer kürzer."
Ihre Aufgabe als Pfarrerin sieht Suse Best so: "Ich möchte den Menschen Räume öffnen, in denen sie Gott begegnen können." Das kann man unter anderem ganz wörtlich verstehen. In ihrer Zeit wurde die Kirche innen renoviert. Mit der Architekten-Gruppe besprach Suse Best, wie ein Gottesdienst abläuft, und die Architekten setzten anschließend ihre Wünsche konkret um. "Das sind richtige Künstler", lobt Best. Im Jahr 2014 wurde der neue Innenbereich eingeweiht. "Ein Wohnraum für Gott", findet sie.
Anschließend gab es auch den Wunsch nach einem Begegnungszentrum. Gedacht, getan: In nur wenigen Monaten lagen Suse Best und ihrem Team die Zusagen von Spenden in Höhe von rund 200.000 Euro vor. Damit ließ sich das 750.000 Euro-Projekt auch mit Hilfe landeskirchlicher Förderung stemmen. So wurde der etwas in die Jahre gekommene ehemalige Luther- und Wichernsaal in das Café und Begegnungszentrum "mittendrin" verwandelt, unter anderem mit roten Sitzgarnituren und einem Aufzug. Von einer roten Bank geht der Blick übrigens durch mehrere Türen direkt zum Kreuz im Altarraum. Der Treff ist offen für alle Gäste. Täglich wird er von Gruppen genutzt, beispielsweise von Eltern mit Kindern, Flüchtlingen im Sprachcafé, für Sprachstammtische und Bandproben genauso wie für Wohnzimmer-Konzerte und Vorträge.
"In der Kirchengemeinde haben wir einen deutlichen Schwerpunkt bei der Kinderarbeit. An manchen Sonntagen besuchen 50 Kinder die Minikirche und den Kindergottesdienst", erläutert Suse Best. Auch die Seelsorge liegt ihr am Herzen. Wenn sie zu Sterbenden geht, nimmt sie immer ihr Gesangbuch mit. So war sie beispielsweise zu einem sehr betagten Gemeindemitglied gerufen worden. Sie sprach nur wenig, sondern sang Lieder, unter anderem "Von guten Mächten wunderbar geborgen".
Daraufhin sei der Mann ruhig geworden. Nicht nur das, auch in den Nebenräumen hörten die Angehörigen den Gesang und fühlten sich getröstet. So denkt die Pfarrerin auch an ein Gespräch mit einer Frau, deren Eltern kürzlich gestorben sind. Die Frau erzählte ihr von einem Traum, in dem ihre Mutter sie tröstete. Pfarrerin Best sagt: "Es ist klar: Der Tod gehört zum Leben. Etwas ganz Besonderes ist jedoch immer das mir entgegengebrachte Vertrauen in Grenzsituationen."
Zu ihrer Biografie gehört auch der Jakobsweg nach Santiago de Compostela: "Ich habe auf dem Pilgerweg die Stille und das Gebet schätzen gelernt." Vor Kurzem war sie mit ihrem Mann zwei Wochen in Portugal und ist rund 200 Kilometer gewandert. So wird sie sicherlich auch an ihrem neuen Wirkungsort gerne wandern, singen – und ihren Beruf als Pfarrerin neu entdecken.
Info: Der Abschiedsgottesdienst für Pfarrerin Suse Best ist am Sonntag, 29. Januar, 10.30 Uhr, in der evangelischen Kirche von Schriesheim.
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