Ein kirchlicher Co-Working-Space für Heidelberg
Treffpunkt, Café und Arbeitsort: das Café „Licht“ in der Südstadt – Bisher 20 Menschen für die kostenlosen Arbeitsplätze registriert – Kennenlerngespräch zum Einstieg
Von Marion Gottlob
Es ist der Traum von vielen Heidelbergern, der in der Südstadt im Kleinen Wirklichkeit wird. Hinter dem etwas sperrigen Namen „Licht. Community & Café“ verbirgt sich ein Begegnungsraum für Familien. Hier treffen sich mehrmals wöchentlich Familien mit Kindern, es gibt eine Jugendgruppe, es finden regelmäßig Jugendgottesdienste und Konzerte statt. Zusätzlich wurde hier ein kirchlicher Co-Working-Space eingeweiht, ein Raum für Online-Meetings ist in Arbeit. Wie passt das alles zusammen? Stadtjugendpfarrer Mathis Goseberg von der evangelischen Kirche Heidelberg erklärt: „Wir wollen eine etwas andere Kirche sein und Neues ausprobieren – einfach mal machen.“
Es ist ein ungewöhnlicher Co-Working-Space: Acht Arbeitsplätze mit Wlan-Anschluss sind in einem Raum untergebracht. Der Software-Entwickler Jan Kögel ist fast Stammgast. Mit Kollegen unter anderem in Polen, England und Indien entwickelt er ein spezielles Bezahlsystem für das Internet. Er sagt: „Man sitzt nicht zu Hause, sondern ist unter Menschen. Zuvor habe ich mir andere Co-Working-Spaces angeschaut. Hier werde ich an meine Zeit in Köln erinnert, wo ich mit meiner Firma an der Gründung des allerersten Co-Working-Spaces der Stadt beteiligt war.“ So schätzt er auch an dem Heidelberger Arbeitsort das Gründer-Flair.
Entstanden ist dieser gemeinschaftliche Aufenthaltsort durch das ehrenamtliche Engagement von einem Team rund um Mathis Goseberg. Als der Pfarrer noch Theologie an der Universität Heidelberg studierte, hatte er gemeinsam mit weiteren Studierenden die Idee zu einer lebendigen Jugendarbeit in der Altstadt. Rasch entstand eine kleine Gruppe, die von Pfarrer Florian Barth von der Kapellengemeinde gefördert wurde. Sie traf sich an wechselnden Orten.
Als das Team einen festen Treffpunkt suchte, gab es Unterstützung von der früheren evangelischen Dekanin Marlene Schwöbel-Hug und man wurde fündig: In der Südstadt standen im Markushaus die Räume eines früheren Kindergartens leer. „Wir waren im richtigen Moment an der richtigen Stelle und haben die Räume gemietet“, erinnert sich Goseberg.
Mitten in der Corona-Zeit machte sich das ehrenamtliche Team ans Werk: Unter Beachtung der Sicherheitsregeln wurde neues Parkett verlegt, es wurden Wände herausgerissen oder gestrichen, die zugeklebten Fenster gereinigt und neue Kabel verlegt. Die modern gestaltete Café-Theke ist das Herz des Treffs mit Kaffee-Spezialitäten mit normaler und laktosefreier Milch, Soja- oder Hafermilch. „Es haben unheimlich viele Menschen geholfen“, berichtet Goseberg von der Entstehung des Treffpunkts.
Das Café in der Rheinstraße ist an drei Tagen pro Woche geöffnet und wird vor allem von Familien mit kleinen Kindern besucht. Im Sommer waren es oft über 80 Gäste pro Tag, im Winter sind es rund 100 Gäste pro Woche. „Wir haben mit Spendengeldern pädagogisch sinnvolle Spielsachen gekauft“, so Goseberg. Jeweils rund 100 Gäste zählte man auf den Wohnzimmer-Konzerten. Alle 14 Tage trifft sich die Jugendgruppe. Im Moment ist eine Jugendwoche in Planung. Alle zwei Monate findet ein Jugendgottesdienst statt. Außerdem nutzt die CFJM-Band das neue Tonstudio. Der ehrenamtliche Mitarbeiter und Berufsschul-Referendar Paul Overbeck ergänzt: „Wir haben jetzt auch einen Tanz-Treff für Salsa, Bachata und Zouk.“ Zusammenarbeit ist in viele Richtungen denkbar. „Wir sind offen für Ideen und Kooperationen mit Vereinen oder Initiativen“, betont der hauptamtliche Mitarbeiter Daniel Lächele.
„Wir haben überlegt, was zu einem Treff gehört, damit sich Menschen spontan wohlfühlen“, erklärt Goseberg. Gerade in der Corona-Zeit sei er sich darüber bewusst geworden, dass in einer modernen Welt viele Menschen mit ihrem Laptop zu Hause oder mobil arbeiten. So entstand die Vision eines kirchlichen Co-Working-Spaces. Goseberg sagt: „Diese Idee wird in den Kirchen intensiv diskutiert. Wir gehören zu den Vorreitern, die diese Idee in die Realität umsetzen und Erfahrungen sammeln.“
Die Nutzung des Co-Working Space ist zurzeit noch kostenlos. Voraussetzung ist, dass man sich in die Gemeinschaft einbringt. Wer hier arbeiten möchte, wird also zuerst zu einem Kennenlern-Gespräch eingeladen. Goseberg: „Es muss schon passen.“ Es wird kein ehrenamtliches Engagement erwartet, aber Kögel hat zum Beispiel schon spontan im Café geholfen, als eine Sicherung herausgesprungen war.
Nach dem Kennenlernen erhalten Coworker die Zugangsdaten, mit denen sie den Arbeitsplatz buchen können. Bisher sind rund 20 Menschen registriert, die an den Werktagen zwischen 8 und 20 Uhr ihren Platz nutzen können, unabhängig von den Öffnungszeiten des Cafés. Hier arbeiten Pharmazeuten im Vertrieb, Videofachleute, Vermögensverwalter, eine Trauerrednerin und Studierende, die gerade ihre Bachelor-Arbeit schreiben.
Träger des Treffs ist der gemeinnützige Verein CVJM Heidelberg-Mitte. Auch das Café mit Kaffee und Kuchen ist kostenlos. Man gibt, was man geben kann oder möchte. Das Projekt wird durch die evangelische Kirche Heidelberg, den Stadtjugendring, die Stiftung Ehrenamt und Engagement und private Spenden unterstützt. Goseberg sagt: „Wir wollen wie Jesus Licht in die Welt bringen. Aber gleichzeitig sind wir offen für Menschen jeder Religion oder Herkunft.“
Info: Das „Licht. Community & Café“, Rheinstraße 29/1, ist mittwochs und donnerstags von 15 bis 19 und freitags von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Mehr Infos gibt es per E-Mail an kontakt@cvjmhd.de, unter www.cvjmhd.de sowie bei Instagram unter @cvjmhd.