Segen für die Schiffer
Hafen: Weihnachtsfahrt der Kirchen und der Staatlichen Rhein-Neckar-Hafengesellschaft
Von Peter W. Ragge
Das Wasser glitzert, die Kerzen des Weihnachtsbaums spiegeln sich hier ebenso wie die Lichter vom Ufer. Ganz sanft gleitet die „MS Oberrhein“ über Rhein und Neckar, über Strom und Fluss hallen die Trompeten und Posaunen vom Evangelischen Posaunenchor Feudenheim. So bringen die Mitarbeiter der Staatlichen Rhein-Neckar-Hafengesellschaft Mannheim (HGM) und Vertreter der Kirchen den Binnenschiffern und Arbeitern im Hafen den weihnachtlichen Segen.
„Macht hoch die Tür“ – es passt, dass der Posaunenchor genau dieses alte ostpreußische Kirchenlied als erstes anstimmt, als sich die Bootshalle im Mühlauhafen öffnet. Dann werden der Weihnachtsbaum am Heck des 26 Meter langen Dienstschiffs ebenso wie das Radar hochgeklappt. Schiffsführer Frank Kinzel startet die beiden jeweils über 400 PS starken Dieselmotoren, und die abendliche Fahrt kann beginnen. Die „WSP 6“ der Wasserschutzpolizei und das Feuerlöschboot „Metropolregion“ geben der „MS Oberrhein“ dazu das Geleit.
„Eine wunderschöne Tradition“ nennt Hafendirektor Uwe Köhn die Tour. Seit Anfang 2021 ist er Chef des Hafens. Aber wegen der Corona-Pandemie fand nie eine Amtseinführung statt, und auch die weihnachtliche Hafenrundfahrt musste zwei Jahre ausfallen. „Weihnachtliche Vorfreude und Stimmung in den Hafen bringen“ sei ihm aber ebenso ein Anliegen wie seinem Vorgänger Roland Hörner, der mit an Bord ist, betont Uwe Köhn.
Anne Ressel, evangelische Schifferpfarrerin und sonst mit ihrem Kirchenschiff „Johann Hinrich Wichern“ unterwegs, zitiert eine Weihnachtsgeschichte aus dem Jahr 1931. Der katholische Stadtdekan Karl Jung erinnert an die 200 Jahre alte Geschichte des Lieds „Stille Nacht“ und deutet das Weihnachtsfest als Zusage Gottes: „Ich bin bei Euch!“ Er wünscht den Menschen, dass sich ihre tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit, Liebe und Frieden erfüllen möge, und nach einem gemeinsamen Gebet sprechen Ressel und Jung dann den Segen für alle, die an Land arbeiten oder auf dem Wasser unterwegs sein müssen.
Posaunen schallen
„Tochter Zion“, stimmen die Feudenheimer Musiker dazu an. Wenn die „MS Oberrhein“ auf ihrem Weg über Rhein und Neckar, Mühlau- und Bonadieshafen in Kammer- oder Hafenschleuse einfährt, schallen die Posaunenklänge besonders laut von den Schleusenwänden zurück. Und trotz Weihnachten: Es ist überall viel los, Kräne drehen sich, Fabriken arbeiten, Container werden bewegt. Nicht nur am Ufer der BASF ist alles hell erleuchtet, sondern auch in den Mannheimer Hafenbecken wird gearbeitet.
Umschlagsmenge gestiegen
„Der Hafen ist eben ein enormer Wirtschaftsfaktor“, betont Jochen Graeff, Spediteur in vierter Generation. Allerdings liegen über die Feiertage nicht mehr so viele Schiffe im Hafen wie früher. 35 sind es an diesem Abend, hat Erste Haupthafenmeisterin Regina Güntert gezählt, darunter auch Fahrgastschiffe. „Eines hat amerikanische Touristen an Bord“, beobachtete sie. Güntert nimmt aber an, dass es über die Feiertage noch weniger Schiffe werden oder zumindest viele Besatzungsmitglieder in ihre Heimat, oft die Niederlande, fahren und dann zurückkommen. Mit ihren Familien reisende Partikuliere – also selbstständige Schiffseigentümer – gebe es ja immer weniger, bedauert Güntert.
Aber das Geschäft im Hafen läuft gut. „Wir kommen bis Jahresende auf über sieben Millionen Tonnen wasserseitigen Umschlag“, äußert sich Uwe Köhn „sehr zufrieden“, denn das übertreffe leicht den Vorjahreswert. Das zeige die Bedeutung des Hafens für die Warenversorgung der Metropolregion und deren Industrie, aber auch der Schifffahrt als umweltfreundlichem Transportmittel. Dabei wirkten sich natürlich die weltweiten Lieferkettenprobleme aus. Daher gebe es Einbußen bei Containern, dafür aber deutlichen Zuwachs bei der Verladung von Kohle, etwa für das Großkraftwerk.
Zum Glück wenig auf die Umschlagzahlen habe sich das Containerunglück im August ausgewirkt. „Die Einsatzkräfte waren ganz toll, haben mitgedacht und nicht pauschal die ganze Fläche gesperrt, so dass die Arbeit weitergehen konnte“, bemerkt er dankbar. Stärker auf den Verkehr im Hafen ausgewirkt habe sich aber die seit Juli 2022 laufende Sanierung der Mühlauhubbrücke. Beide Vorlandbrückenteile sind ausgetauscht, daher werde das von 1959 stammende Bauwerk zwischen Mühlauhafen und Zollhafen im Februar wieder geöffnet, für das Einsetzen des neuen Hauptteils aber noch mal gesperrt werden müssen. Der Termin ist offen: „Der Stahl muss da sein und der Wasserstand passen“, so Uwe Köhn.