Rhein-Neckar-Zeitung - Sinsheimer Nachrichten - Bad Rappenauer Bote/Eppinger Nachrichten, 02.11.2022

 

In der Kirche knallten die Korken

Evangelische Kirchengemeinde feierte ihren 500. Geburtstag mit einem Festgottesdienst – 500 Tage Rückblick geplant

wig

Waibstadt-Daisbach. (wig) „So ein runder Geburtstag ist schon ein echtes Ding, das ganze Jahr über denkt man dran“, sprach Pfarrer Jonas Rühle die Festgemeinde an, die sich zum 500. Geburtstag der evangelischen Kirchengemeinde versammelt hatte. Andere Geburtstage feiere man locker und nebenbei, aber ein Runder … „Was immer hilft, ist ein Gläschen Sekt. Ist jemand dabei?“ fragte Rühle rhetorisch. Und tatsächlich knallten in der Kirche die Sektkorken, Gläser wurden an Gottesdienstbesucher verteilt, es wurde klirrend angestoßen, und sogar Konfetti wurde geschmissen. Und auch ein Geburtstagsständchen wurde angestimmt: „Viel Glück und viel Segen auf all Deinen Wegen, Gesundheit und Frohsinn sei auch mit dabei.“

Mit 500 sei man doch im reiferen Alter, mit Coolness und Lebenserfahrung geerdet, meinte Rühle. Doch das genaue Gegenteil sei der Fall – alles im Abbruch, Sparprozess, Chaos. „Ich brauch’ einen Schluck Sekt“, sagte der Pfarrer.

Vor genau 500 Jahren hielt sich Luther auf der Wartburg versteckt. Doch eine junge evangelische Bewegung war längst in Gang gekommen. Der niedere Adel, besonders die Reichsritter, hatten ein eigenes Interesse an der Unterstützung der neuen Bewegung. Durch den Anschluss an die Reformation in ihren kleinen Herrschaftsgebieten konnten sie die Kirchenhoheit über Parochien gegenüber Klöstern, Prälaten und Bischöfen gewinnen. „Die Reichsritter im Kraichgau gehörten definitiv zu den ganz frühen und auch mutigen Unterstützern. In Daisbach war dies namentlich Bernhard Göler von Ravensburg“, erzählte der Pfarrer.

Das 500. Jubiläum will die Kirchengemeinde zum Anlass nehmen, die kommenden 500 Tage zurückzublicken und zu feiern. Das soll in Form von Vorträgen, Diskussionen mit Kirchenhistorikern, Konzerten und einem Gemeindefest geschehen. Und auch will man sich selbstkritisch fragen, was heute, 500 Jahre nach dem Anfang, der Auftrag ist.

Beim anschließenden Abendmahl kam auch der Kelch zu Ehren, der sich schon seit mehr als 500 Jahren im Besitz der Kirchengemeinde befindet. Musikalisch hoben die Sängerinnen und Sänger des Gesangvereins 1881 das Besondere des Festgottesdienstes heraus, absolvierten sie doch unter ihrem neuen Chorleiter Herbert Bromberg aus Waibstadt den ersten Auftritt nach fast drei Jahren Corona-bedingter Pause. Auch der Posaunenchor unter Leitung von Thomas Glasbrenner begleitete die Gemeindelieder und leitete mit schmissigem Ausgang zum anschließenden geselligen Teil, mit Sekt und Häppchen, über.