Aus der Traum vom Gemeindehaus
Hirschberg: Gemeindeversammlung der evangelischen Kirche in Leutershausen begrüßt die Zusammenarbeit mit den katholischen Christen am Ort
Die Botschaft überrascht eigentlich nicht: Die evangelische Pfarrerin Tanja Schmidt verkündete bei der Gemeindeversammlung am Sonntag in der Kirche das Ende des Projektes „Gemeindehaus“. Die Kosten sind einfach zu hoch. Der von der Landeskirche bewilligte Zuschuss kann nun in die Sanierung des Gotteshauses gesteckt werden.
Wo sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere, heißt es doch so schön. Genau dies ist der evangelischen Kirchengemeinde widerfahren: „Am Baggersee wurde ich vom katholischen Pfarrgemeinderat Franz Götz angesprochen. Der meinte nur, dass wir zu ihnen ins Gemeindehaus kommen könnten. Für uns wäre dies super, denn wir können so am Ort bleiben“, schwärmte die Theologin über diese neue Lösung, die erst seit knapp vier Wochen auf dem Tisch liegt. Kirchen- und Pfarrgemeinderat haben ihr zugestimmt. Am Sonntag folgten die Mitglieder bei der evangelischen Versammlung, denen die Kooperation der evangelischen und katholischen Christen am Ort sehr gut gefiel.
Kein Geld für zwei Häuser
Der Vorsitzende der Gemeindeversammlung Walter Scholl wies auf die Notwendigkeit dieses zweiten Treffens in diesem Jahr hin. Im Mai ließen die Vertreter des Evangelischen Oberkirchenrats aus Karlsruhe klar durchblicken, dass es kein Geld für zwei Gemeindehäuser in Hirschberg gibt. Auch der zugesagte Zuschuss von 750 000 Euro wird nicht erhöht, war damals zu hören. Zwischenzeitlich stehe der Kindergarten, aber das Gemeindehaus lasse auf sich warten, vielmehr solle es gar nicht kommen, bedauerte Scholl. „Dabei hatten die doch in Karlsruhe von uns gefordert, Kindergarten und Gemeindehaus zu trennen“, warf er den „Gemeindehaus-Verhinderern“ vor.
Pfarrerin Schmidt griff die Finanzlage der badischen Landeskirche auf, die nicht sehr rosig aussieht. Denn durch Todesfälle und Austritte gehen die Mitgliederzahlen zurück. Parallel sinken auch die Einnahmen aus der Kirchensteuer. Der Landessynode war klar, dass es so nicht weitergehen könne. Bis 2032 müssen laut Schmidt 30 Prozent eingespart werden. Dies betreffe die Baumaßnahmen, aber auch das Personal. Von diesem dramatischen Beschluss erfuhren die Leutershausener Anfang des Jahres 2022. „Wir hatten bis zur letzten Kachel schon alles geplant und dann dieser Beschluss“, ergänzte Schmidt. Seit Januar durchschreite die Kirchengemeinde ein „Tal der Tränen“. Zwar sei das Leutershausener Gemeindehaus bewilligt, aber die Botschaft sei klar gewesen, dass es zukünftig keine Landesmittel mehr für zwei Gemeindehäuser in Hirschberg geben werde. „Wenn wir eines bauen, würde es für die Großsachsener schwierig werden“, betonte sie. „Deshalb entscheiden wir uns jetzt gegen den Bau eines Gemeindehauses und für die Sanierung unserer Kirche, an der seit 1970 nichts mehr erneuert wurde. Das Geld vom Land können wir hierzu nutzen. An der Kirche müssen die Elektrik und die Heizung erneuert werden. Ferner brauchen wir einen neuen Anstrich“, ergänzte sie.
Zwei Millionen Euro sind zu viel
Der Kirchengemeinderatsvorsitzende und Architekt Ulrich Schulz beleuchtete die Zahlen: „Wir steuern auf Kosten von zwei Millionen Euro für das Gemeindehaus zu. Gründe sind die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg. Das Projekt war allerdings auf 1,5 Millionen Euro gedeckelt. Bei 1,6 oder 1,7 Millionen Euro hätten wir darüber nachgedacht. Nicht bei zwei Millionen Euro, denn da müssten wir für 500 000 Euro selbst aufkommen.“
80 Prozent der Gewerke wurden zu Jahresbeginn ausgeschrieben, um zu sehen, was rauskommt. Jeder Handwerker gab zu verstehen, dass sein Angebot für das Material nur ganz kurz gelte. Will heißen: Selbst die zwei Millionen sind laut Schulz nur mit Vorsicht zu genießen. Bedauerlich waren für ihn die Ausgaben von rund 150 000 Euro für Architekten und Planer: „Aber dies ging nicht anders. Wir mussten ja ausschreiben, um die Preise zu erfahren. Von der Summe her ist dies sehr schmerzhaft. Aber wir sind nicht die Ersten und die Einzigen, es trifft auch andere Bauherren.“
Bei der Gemeindeversammlung im Mai bot die Raumausstattung Bock ihre Räume in der Bahnhofstraße an. Laut Pfarrerin Schmidt dachte man, dies sei die Lösung gewesen. Im Nachhinein entpuppte sich die Fläche als zu groß: „Wir hätten eine Fläche erhalten, die tagsüber weitgehend ungenutzt bleibt. Für die hätten wir Miete bezahlen müssen. Wir hätten Möbel benötigt, einen Hausmeister und eine Putzfrau. Parallel benötigen wir alles Geld für die Kirchensanierung.“
Ein interessanter Vorschlag kam am Ende der Gemeindeversammlung von einer Frau. Sie erzählte von einem ökumenischen Gemeindehaus in Neckargemünd. Vielleicht sei dies ja auch etwas für Leutershausen.