Aus Namibia in die Fächerstadt
Von unserer Mitarbeiterin Martina ErhardMarlene Hoffmann ist neue Hochschulpfarrerin – bis vor zwei Monaten war sie in Afrika zu Hause
Seit gut eineinhalb Monaten ist Marlene Hoffmann die neue Hochschulpfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG), aber noch vor zwei Monaten waren sie, ihr Ehemann Sebastian und die beiden Töchter Mira und Ronja in Namibia. „Mein Mann und ich haben uns dort in den vergangenen sechs Jahren eine Pfarrstelle geteilt“, erzählt die 43-Jährige und gibt zu, dass ihr und der Familie der Abschied aus Namibia sehr schwergefallen ist.
Zu Hause waren die vier Hoffmanns in Otjiwarongo, einer Stadt, die etwa 250 Kilometer nördlich der Hauptstadt Windhoek liegt. Marlene Hoffmann (Foto: Jörg Donecker) und ihr Mann waren dort für ein Gemeindegebiet zuständig, das etwa so groß wie Baden-Württemberg ist. Diese Pfarrstelle ist eine von rund 100 Auslandspfarrstellen, der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD). So groß das Zuständigkeitsgebiet für die Hoffmanns auch war, die Zahl der Gemeindemitglieder war überschaubar: Etwa 400 Menschen galt es zu betreuen.
„Wir hatten drei feste Orte, an denen wir unsere Gottesdienste feierten, wir gingen aber auch regelmäßig auf verschiedene Farmen, um den Menschen die Teilnahme an einem Gottesdienst zu ermöglichen“, erzählt Hoffmann und fügt hinzu, dass man da schon mal am Sonntagmorgen bis zu 300 Kilometer zurücklegen musste, um eine solche Farm zu erreichen.
Offiziell war sie in Namibia für die dortige deutsche Gemeinde zuständig, aber es gab auch einen engen Kontakt zur lutherischen Schwestergemeinde und zum Kinderheim „Sion-Hostel“ in dem rund 100 Kinder untergebracht sind. Es handelt sich um Waisenkinder, aber auch um Kinder von armen Farmarbeitern, die sich eine Schulausbildung nicht leisten können. Die Kinder bekommen nicht nur Essen und einen Schlafplatz, sondern auch eine Schulausbildung und medizinische Versorgung. „Wir haben dort das Projekt ‚Namibia SATT‘ gegründet“, erzählt Hoffmann. Mit den gesammelten Spendengeldern wird das Kinderheim unterstützt.
„Außerdem haben wir regelmäßig Essensausgaben auf einer Müllkippe organisiert“, sagt die Pfarrerin. „Die Armen holen sich das von der Müllkippe, was noch einigermaßen brauchbar ist“, meint sie. „Die Kinder freuen sich, wenn sie im Müll einen angebissenen Apfel oder einen Rest Cola in einer Flasche finden“, erzählt Hoffmann. „Weil es dort sehr viele arme Menschen gibt, haben wir all unsere Sachen verschenkt, ehe wir abreisten“, sagt die Pfarrerin. Und so kamen die Hoffmanns, die mit einem Container voller Möbel, Wäsche und Geschirr nach Namibia reisten, nun mit ein paar Koffern und den beiden Hunden, die sie sich in Namibia gekauft hatten, zurück nach Deutschland.
Die Pfarrerin und ihre Familie haben aber in Namibia nicht nur Armut kennengelernt, sondern auch eine große Herzlichkeit und eine „unbeschreiblich schöne Natur“, erzählt sie und gesteht: „Wir alle haben Heimweh nach Namibia“.
Sie versichert aber auch, dass die Familie hier in Deutschland freundlich aufgenommen worden sei. „Ich hätte mir für mich keinen schöneren Start vorstellen können als hier bei der ESG“, erklärt sie und fügt hinzu, dass ihr Mann nun eine Pfarrstelle in Forchheim betreut. Auch die beiden Töchter, zwölf und vierzehn Jahre alt, sind an ihrer Schule gut aufgenommen worden. Sie selbst freut sich darauf, als Hochschulpfarrerin kreativ arbeiten zu dürfen und gewisse Freiheiten zu haben. So hat sie von Namibia aus bereits das aktuelle Semesterprogramm mitgestaltet. Auf dem Programm steht beispielsweise ein Namibia-Abend. Es geht aber auch um „Revoluzzer aus der Bibel“ oder um die Frage, ob es einen „Strafenden Gott“ gibt. „Ich habe hier bei der ESG schon viele interessierte und engagierte Menschen kennengelernt und freue mich auf das, was kommt.“
Am kommenden Sonntag, 23. Oktober, wird Marlene Hoffmann mit einem Gottesdienst in der Kleinen Kirche in ihr neues Amt eingeführt.
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