Südkurier Überlingen, 24.10.2022

 

Im Zwiebellook zum Gottesdienst

Kirchen treffen Energiesparmaßnahmen. Auf das Hochheizen wird verzichtet Kindergärten sind von Regeln ausgenommen

VON KIRSTEN JOHANSON

Pfullendorf – Erdgas wird teurer, Heizöl und Strom, auch die Brennholzpreise ziehen an – die Auswirkungen der Energiekrise machen Sparmaßnahmen notwendig. Das betrifft Privathaushalte ebenso wie die Wirtschaft, Bildungseinrichtungen, Kommunen und Kirchen. Wir haben bei den Pfarrern der katholischen und evangelischen Kirche in Pfullendorf nachgefragt, wie sie der Herausforderung begegnen.

Die evangelische Christuskirche und das Foyer werden seit dem Umbau 2007 mit einer Holzpelletheizung beheizt. „Der Preisanstieg für Energie macht sich aber auch hier deutlich bemerkbar“, stellt Pfarrer Sebastian Degen fest. „Im März 2021 haben wir für die Tonne Holzpellets noch rund 200 Euro bezahlt – realistisch rechnen wir jetzt mit 700 bis 800 Euro für die Tonne.“

Spürbar kühlere Räume

Hinzu kommt in Kirche und Foyer eine Fußbodenheizung. Da diese relativ träge reagiere, sei es wenig sinnvoll, die Räume für Veranstaltungen nur kurzfristig aufzuheizen. „Um Energie einzusparen, müssen wir also die Raumtemperatur deutlich absenken. Im Gottesdienst ist es sicherlich gut, die Jacke anzubehalten und vielleicht etwas kräftiger mitzusingen.“

Auf die Frage, ob den Gottesdienstbesuchern ein heißer Tee angeboten werde, damit sie sich von innen aufwärmen können, sagte Degen: „Ein Kirchencafé nach dem Gottesdienst– gerne auch mit heißem Tee – ist bei uns schon seit Langem üblich.“ Damit könne man sich nach dem Gottesdienstbesuch prima aufwärmen – aber auch einer gewissen sozialen Kälte entgehen.

Der Pfarrer wies darauf hin, dass die Mehreinnahmen, die die Kirche aus der Kirchensteuer auf die 300 Euro Energiepreispauschale hat, nach einem Beschluss des Landeskirchenrats vollständig an bedürftige Personen weitergegeben werden. Das Geld soll über die Beratungsstellen der Diakonie insbesondere jenen zugute kommen, die die hohen Energiepreise nicht mehr bezahlen können. Die evangelische Landeskirche in Baden will mit dem Nothilfe-Fonds eine Überbrückungshilfe für Menschen mit akuten Energiekostenschulden schaffen, wie sie in einer Pressemeldung mitteilt. Antragsberechtigt sind alle Menschen, die ihren ersten Wohnsitz in Baden haben und aktuelle Nachzahlungen für Heizung oder Strom nicht bezahlen können. Entsprechende Anträge können bei den Beratungsstellen der örtlichen Diakonischen Werke gestellt werden. Über die Vergabe entscheidet dann der Landesverband der badischen Diakonie.

„Hoffen wir auf einen milden Winter“, sagte Pfarrer Martinho Dias Mértola. „Auch als Kirche vor Ort müssen wir der Energiekrise und den höheren Heizkosten Rechnung tragen.“ Einen Maßnahmenkatalog hat das erzbischöfliche Ordinariat Freiburg seinen Kirchengemeinden an die Hand gegeben. Unabhängig von der Heizart sollen Flure, Treppenhäuser, Foyers und sonstige Räume in öffentlichen Nichtwohngebäuden nicht beheizt werden. Zu den öffentlichen Nichtwohngebäuden zählen insbesondere Kirchen sowie nicht wohnwirtschaftlich genutzte Gemeindehäuser und Pfarrhäuser. Auf die optimale Luftfeuchte von 45 bis 70 Prozent in den Pfarrkirchen sei zu achten. „Die maximale Temperatur in Arbeitsräumen wurde reduziert und beträgt nun 19 Grad“, so Dias Mértola. Es ist verboten, Gebäude und Baudenkmäler von Außen zu beleuchten, sofern eine Beleuchtung sicherheitstechnisch nicht notwendig ist. Auf Warmwasser über dezentrale Warmwassererwärmungsanlagen für das Händewaschen wird verzichtet. Ausgenommen von diesen Regelungen sind die Kindergärten.

Zentralisierung als Option

„Bei Frosttemperaturen im Winter entscheiden wir vor Ort, ob alle Kirchengebäude genutzt werden oder ob es nach Weihnachten bis Aschermittwoch zur Einsparung von Energie auch eine Reduktion der Gottesdienstorte gibt“, erklärt der katholische Pfarrer. „Diese Entscheidung treffen wir in der Kirchengemeinde durch den Pfarrgemeinderat.“

Auf das Hochheizen der Kirchen wird verzichtet – auch aus gesamtgesellschaftlicher Solidarität. Die maximale Temperierung der Kirchen soll 10 Grad nicht übersteigen. Es gilt die Devise „Temperieren statt Hochheizen“. Gegenwärtig lag die maximale Temperierung bei 13 Grad. Zwiebellook ist also in jedem Fall angebracht, wenn man zur Messe geht. Dias-Mértola: „Die Mitfeiernden der Gottesdienste werden gebeten, sich wärmer anzuziehen.“

„Der Preisanstieg für Energie macht sich deutlich bemerkbar. 2021 haben wir für die Tonne Holzpellets rund 200 Euro bezahlt – realistisch rechnen wir jetzt mit 700 bis 800 Euro für die Tonne.“
Sebastian Degen, evangelischer Pfarrer

Maßnahmen

Die Energieeinsparverordnung vom 1. September 2022 soll angesichts reduzierter Gasimporte und steigender Energiepreise helfen, den Gas- und Energieverbrauch in Deutschland zu senken. Auf das Heizen von Hallen, Treppenhäusern, Foyers und Fluren soll verzichtet werden. Arbeitszimmer in öffentlichen Gebäuden, also auch in Pfarrbüros und Gemeindezentren, sollen nur noch bis zu einer Raumtemperatur von 19 Grad (bisher 20 Grad) geheizt werden.