Badisches Tagblatt Baden-Baden, 01.09.2022

 

Umdenken dringend nötig

Von Michael Rudolphi

Für öffentliche Gebäude ist die Marschroute inzwischen klar: Angesichts massiv steigender Energiepreise wird die Stadt in vielen Gebäuden die bisher übliche Raumtemperatur absenken, um Kosten zu sparen. Auch die Pfarrgemeinden in Baden-Baden können sich dem Spardruck natürlich nicht entziehen. Allein die Ausgaben, um die Kirchen einigermaßen warm zu halten, sind gewaltig. Und sie werden angesichts der aktuellen Energiekrise noch weiter steigen. Die Option „Weiter so wie bisher“ stellt sich da schlichtweg überhaupt nicht. Die Katholische Seelsorgeeinheit schlägt vor diesem Hintergrund einen ziemlich radikalen Kurs ein. Sie wird die Kirchen im Winterhalbjahr gar nicht mehr heizen, um die Kosten zu reduzieren. Das ist umstritten und es war keineswegs einfach, diesen Schritt in den kirchlichen Gremien durchzusetzen. Aber es ist ein konsequenter Weg, der zudem ein echtes Zeichen setzt. Und Hand aufs Herz: Für die Gläubigen ist es durchaus zumut- und verschmerzbar, warm angezogen einen etwa einstündigen Gottesdienst in einer relativ kalten Kirche zu feiern. Der Evangelische Kirchenbezirk geht aller Voraussicht nach nicht ganz so weit. Die Kirchen sollen zwar ebenfalls kühl bleiben, aber die Gottesdienst-Besucher sollen nicht frieren müssen. Deshalb gibt es die Idee, Gottesdienste im Winter in kleinere, beheizte Gemeindesäle zu verlegen. Auch das spart Energie. Und es ist sinnvoll allein schon aufgrund der Tatsache, dass Kirchen – mit Ausnahme großer Festtage – ohnehin nicht mehr voll sind.

Langfristig gibt es zudem noch einiges Potenzial, um die Kirchen von Energielieferungen unabhängiger zu machen. Dazu gehören etwa Solaranlagen auf sakralen Gebäuden. Bislang scheiterte das in der Regel allerdings am Veto des Denkmalschutzes. Hier ist ein Umdenken dringend erforderlich.