Viele Kirchen bleiben im Winter kalt
Katholische und Evangelische Gemeinden reagieren auf die Energiekrise und steigende Heizkosten
Von unserem Mitarbeiter Michael Rudolphi
Baden-Baden – Die Kirchen in den sieben Pfarrgemeinden der Katholischen Seelsorgeeinheit Baden-Baden bleiben im Winterhalbjahr kalt. „Die Gottesdienste finden weiter regulär in den jeweiligen Kirchen statt. Diese bleiben jedoch unbeheizt“, sagt Verwaltungsleiter Johannes-Jürgen Laub auf Nachfrage unserer Redaktion. Die Seelsorgeeinheit reagiert damit auf die aktuelle Energiekrise und massiv steigende Heizkosten.
„Es gab in den Pfarrgemeinderäten eine intensive Diskussion über den besten Weg“, sagt Laub. Die Seelsorgeeinheit habe sich bereits vor dem Ukraine-Krieg Gedanken gemacht, wie sie Energie sparen könne. Dabei sei vieles auf den Prüfstand gekommen. Die Entscheidung, die Kirchen nicht zu heizen, sei dann im Mai gefallen.
Energiepreisebelasten den Haushalt
Laub zufolge sind die Heizkosten für die kirchlichen Gebäude – dazu zählen neben den Gotteshäusern Kindergärten, Pflegeheime und Pfarrhäuser – bereits im Vorjahr, das heißt noch vor Russlands Überfall auf die Ukraine, um rund 80.000 Euro gestiegen. Normalerweise lägen die Ausgaben für die Heizung zwischen 250.000 und 300.000 Euro jährlich. Zusätzliche 150.000 Euro wären fällig, um die Kirchen weiter warm zu halten. Sie nicht zu heizen, ist für Laub zudem ein Beitrag, um die angespannte Haushaltslage zu entlasten.
Der Evangelische Kirchenbezirk Baden-Baden und Rastatt geht voraussichtlich einen anderen Weg, um Energie und Kosten zu sparen. Nach Auskunft von Johannes Kopp, bis Ende August Geschäftsführer des Evangelischen Verwaltungs- und Serviceamtes, gibt es mehrere Optionen für die Gespräche, die Ende September mit den Vorsitzenden der Ältestenkreise und den Pfarrern geplant sind. „Dabei möchten wir einige Perspektiven für die Zukunft aufzeigen“, sagt Kopp.
Ob es so genannte Winterkirchen geben wird, steht noch nicht fest. Dabei versammeln sich die Gottesdienst-Besucher in Räumen, die von der Hauptkirche abgetrennt sind und deshalb weniger Heizung benötigen. Kopp kann sich grundsätzlich vorstellen, Gottesdienste nicht immer in den Kirchen, sondern in kleineren Gemeindesälen zu feiern. „Dann müssen wir nicht das große Kirchenschiff aufheizen“, sagt der Verwaltungschef.
Abgesenkte Temperaturen sind für Kirchenorgeln wohl kein Problem. Kopp zufolge schade den Instrumenten vor allem zu hohe oder zu niedrige Luftfeuchtigkeit. Diese entstehe weniger bei konstanten als vielmehr bei schwankenden Temperaturen. Laub weist darauf hin, dass einige Kirchen der Seelsorgeeinheit mittlerweile mit Sensoren ausgestattet sind, um die Luftfeuchtigkeit zu überwachen. Solche Messgeräte seien in weiteren Gotteshäusern vorgesehen.
Photovoltaikwird wichtiger
„Wir werden selbstverständlich auch die Energiespar-Verordnung des Bundes umsetzen“, sagt Kopp. Das heißt, nach den Vorgaben des Wirtschaftsministeriums bleibt die Beleuchtung von 22 bis 16 Uhr des Folgetags abgeschaltet.
Der evangelische und katholische Verwaltungschef sind sich einig, den allgemeinen Empfehlungen zu folgen und die Raumtemperatur in den Pfarr- und anderen Verwaltungsbüros auf 19 Grad zu senken. Kindergärten sind ausgenommen. „Dort können wir nicht runterfahren“, sagt Kopp.
Um mittel- und langfristig unabhängiger zu werden, setzt die Seelsorgeeinheit schon länger verstärkt auf alternative Energieformen. Laub zufolge ist inzwischen die Hälfte der Kirchen an Pellet-Heizungen oder das Fernwärmenetz angeschlossen. Die übrigen seien mit Gas-Heizungen ausgestattet.
Photovoltaik-Anlagen auf nicht-sakralen Gebäuden sollen künftig ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Laub zufolge gibt es dafür zwei Modelle: Entweder übernimmt eine Gesellschaft, die die Erzdiözese Freiburg mit einem Energiedienstleister gründet, den Betrieb. Oder die nach der 2026 geplanten Reform größer werdenden Kirchengemeinden machen das in Eigenregie. Solarpanels auf Kirchendächern sind für Laub eine weitere Option. Der Denkmalschutz werde künftig seine Bedenken dagegen zumindest teilweise aufgeben, ist er überzeugt. „Wir stehen der Photovoltaik offen gegenüber“, sagt der Verwaltungsleiter.
Kopp plädiert ebenfalls für mehr Solartechnik. Bei der Sanierung der Pauluskirche und dem Neubau des Gemeindezentrums bei der Friedenskirche seien das bereits Optionen gewesen. „Die Landeskirche hat das bisher aber abgelehnt“, sagt er. Mittlerweile gebe es aber ein Umdenken. Photovoltaik und Kirche – da werde sich in Zukunft einiges tun, ist sich Kopp sicher.