Pforzheimer Kurier, 08.08.2022

 

Was macht eine gute Jugendfreizeit aus?

Von unserem Mitarbeiter Nico Roller

Beim Zeltlager in Eisingen berichten Teilnehmer und Betreuer von ihren Erfahrungen

Eisingen. Lebhaft geht es zu auf dem „Plätzle“ am Rand von Eisingen. In Windeseile transportieren die Kinder mit Wasser getränkte Bälle von einem Becken ins nächste – und passen auf, dass sie dabei nicht nass gemacht werden. Denn sie gehören unterschiedlichen Teams an, die versuchen, sich mit kleinen Wasserspritzpistolen gegenseitig zu erwischen. Die Stimmung ist ausgelassen beim Jugendzeltlager der Kirchengemeinden Kieselbronn und Dürrn. Rund 100 Kinder im Alter von sieben bis 14 Jahren haben ihren Spaß. Das Zeltlager war schon Wochen im Voraus ausgebucht. Doch woran liegt das? Was macht eine gute Jugendfreizeit aus?

Fragt man die Kinder, warum sie gern dabei sind, dann reden alle wild durcheinander, weil jeder etwas sagen will. „Weil es viel zum Spielen gibt“, heißt es. Oder: „Weil es viel Abwechslung und jedes Jahr ein neues Motto gibt“. Einer findet es toll, dass seine Freunde auch dabei sind. Ein anderer meint, hier könne man neue Freunde finden.

„Natürlich müssen die Kinder hier ihren Spaß haben“, erklärt Sebastian, der bereits zum zweiten Mal als ehrenamtlicher Mitarbeiter dabei ist. Der 14-Jährige sagt, die Angebote müssten abwechslungsreich sein. „Spiel und Spaß gehören dazu, aber es muss auch genug Pausen geben, damit die Kinder etwas mit ihren Freunden machen können.“ Und ganz wichtig: „Man sollte die Bedeutung des Essens nicht unterschätzen.“

Auch Kim (18), Kaja und Marie (beide 19) helfen ehrenamtlich mit. Sie sagen, gegenseitiger Respekt spiele auf einer Jugendfreizeit eine große Rolle. Und Regeln, an die sich alle halten müssen. Nur dann entstehe eine lockere Gemeinschaft, bei der der Spaß im Mittelpunkt stehe. Wichtig sei auch, dass niemand zu etwas gezwungen werde: Wenn ein Kind an einer Aktivität nicht teilnehmen wolle, dann müsse man das akzeptieren. Kim, Kaja und Marie meinen, dass bei einer guten Jugendfreizeit nicht nur die Teilnehmer, sondern auch die Mitarbeiter Spaß haben. Das schaffe man, indem alle im Team arbeiten und sich gegenseitig unterstützen.

Bei der Gestaltung des Programms und der Aktivitäten müsse man darauf achten, alle einzubeziehen, damit sich keiner ausgeschlossen fühlt. „Wir achten darauf, dass es für jedes Alter und jedes Interesse einen Workshop gibt.“ Und: Man bilde gemischte Gruppen, damit die Kinder automatisch neue Leute kennenlernen, vielleicht auch neue Freunde finden.

Der Kopf hinter der Freizeit auf dem Eisinger „Plätzle“ ist Raphael Beil, Diakon der evangelischen Kirchengemeinden Kieselbronn und Dürrn, der sich bestens auskennt mit Jugendarbeit. Etwa, weil er den Kieselbronner Jugendtreff „Open House“ betreut. Oder, weil er beim CVJM Baden acht Jahre lang das Maxx-Camp geleitet hat und seit einem Jahr zusammen mit Jan Schickle für den Badentreff verantwortlich ist, der erst vor wenigen Wochen mehr als 800 Jugendliche nach Oberacker gelockt hat.

Beil sagt, das A und O für eine gute Jugendfreizeit sei ein Team, das mitzieht. „Das Team gestaltet am Ende alles.“ Weitere Grundlagen seien Sicherheit, Essensversorgung und Infrastruktur. „Wenn das nicht gegeben ist, dann ist es egal, wie gut mein Programm ist.“ Damit es gut ist, muss man sich laut Beil an den Interessen der Kinder orientieren. Und die können sich nicht nur schnell ändern, sondern sind inzwischen auch bei jüngeren Kindern immer stärker von sozialen Medien wie Instagram, YouTube und TikTok vorgegeben, etwa bei Musik, Filmen und Serien. Doch es gibt laut Beil auch etwas, das unabhängig von den neuesten Trends immer funktioniert: Sport. „Die jungen Menschen haben den Wunsch, sich richtig auszupowern und wollen k.o. sein von dem, was sie erleben.“ Neben vielen Aktivitäten plant Beil bewusst längere Pausen ein – nicht, damit sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter kein Programm ausdenken müssen. Sondern, damit die Kinder von sich aus Spiele entwickeln und kreativ werden. Das sei wichtig, denn: „Dass es Pausen gibt, sind wir in unserer schnelllebigen Zeit gar nicht mehr gewohnt.“

Ebenfalls wichtig sei, dass die Kinder bei einer Jugendfreizeit die Möglichkeit haben, genau ihre Fähigkeiten und Interessen zu verwirklichen. Deswegen bieten Beil und seine Kollegen in Eisingen zehn verschiedene Workshops an: vom Basteln eines Armbands bis zum Bauen einer Hütte im Wald.

Der Diakon hat die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, der Freizeit ein Motto zu geben, das sich wie ein roter Faden durchzieht und Orientierung bietet. „Aber dieses Motto muss dann auch in allen Programmpunkten irgendwo vorkommen.“ In Eisingen lautet es „Neuland“ und wird unter anderem in Liedern, in Andachten und bei Spielen umgesetzt. Bei einem erkunden die Kinder den Ort, betreten damit gewissermaßen „Neuland“, und versuchen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.