Die Kirche braucht eine Reformation
Wie der evangelische Landesjugendpfarrer Jens Adam den Mitgliederschwund stoppen will
Dossenheim. (agdo) Wenn es nicht gerade Weihnachten ist, dann sind die Bänke in den Kirchen ziemlich leer. Und es wird derzeit nicht besser. Seit Jahren treten der Evangelischen und Katholischen Kirche immer mehr Menschen aus. Rund 280 000 waren es vergangenes Jahr in der evangelischen Kirche und etwa 359 000 bei den Katholiken. Der Blick nach vorne sehe nicht unbedingt rosig aus, sagte Landesjugendpfarrer Jens Adam. Adam war in der Predigtreihe „Welche Kirche braucht das Land“ in die evangelische Kirche nach Dossenheim gekommen. Und er bekannte gleich: Ein Patentrezept, dass sich mit seinen Impulsen in Dossenheim nun schnell alles ändert, habe er nicht.
Die Predigtreihe wirft Fragen auf wie „Welche Kirche braucht das Land?“ oder „Was erwarten die Menschen von der noch kulturprägenden Religionsgemeinschaft der Christen und ganz konkret von ihrer evangelischen Landeskirche?“. Den Gottesdienst führte Pfarrer Matthias Weber zusammen mit Landesjugendpfarrer Jens Adam. Kirche und Glaube verlieren immer mehr Rückhalt, sagte Adam. Schuld daran seien verschiedene Dinge. Die Katholische Kirche etwa verliere durch Missbrauchsskandale ihre Glaubwürdigkeit und somit ihre Gläubigen.
Viele Menschen treten zudem aus finanzieller Sicht und einen immer knapper werdenden Geldbeutel aus den Kirchen aus. Anderen sei die Kirche zu altmodisch im Sinne von altbacken – sie gehe nicht mit der Zeit mit, so Adam. Vor allem Kinder und Jugendliche fühlen sich nicht immer mitgenommen. Einigen sei etwa die Gottesdienstzeit zu lang, man könnte sie auf eine dreiviertel anstatt einer vollen Stunde verkürzen, so der Landesjugendpfarrer. In der Pandemie sei das ohnehin schon bei viele Kirchen aufgrund des Hygienekonzepts geschehen.
Als Landesjugendpfarrer führt Adam oft Gespräche mit Kindern und Jugendlichen, um herauszufinden, was sie an der Kirche interessiert und was nicht. Und wie sie Kirche in Zukunft gerne hätten. Fakt jedoch sei: Mache die Kirche jetzt nichts, werde sich die Zahl der Gläubigen bis ins Jahr 2060 halbieren, sagte Adam.
Er ist der Meinung, dass die Kirche eine Art Reformation mit neuen modernen Impulsen braucht. Alte Zöpfe sollten abgeschnitten werden, so Adam. Nicht jeder findet dass aber gut beziehungsweise es ist nicht immer so leicht, das Alte loszulassen und sich auf Neues einzulassen. Der Glaube, die Kraft und die Liebe zu Gott sollen bei allen modernen Impulsen natürlich nicht verloren gehen. Predigten könnten interessanter und auf die heutige Zeit zugeschnitten werden, Gottesdienste mit mehr Musik – etwa einer Jugendkirchenband – umrahmt werden.