Badische Zeitung Ortenau, 08.08.2022

 

Der Häuptling macht als Indianer weiter

Die „Silberstreifen“, ein neuer Ansatz der Seniorenarbeit, verabschieden Wilhelm von Ascheraden

Von Barbara Puppe
Offenburg. Zum Sommerfest der „Silberstreifen“ Offenburg haben sich mehr als 50 Frauen und Männer in den Pfarrgarten der Auferstehungsgemeinde einladen lassen. Dabei wurde Wilhelm von Ascheraden, Gründer und „Häuptling“ der „Silberstreifen“ als „Trommler“ verabschiedet.Die „Silberstreifen“ sind eine 2006 aus der Taufe gehobene Senioreninitiative der Evangelischen Kirchengemeinde Offenburg. Menschen ab 55 finden hier pfarreiübergreifend eine Plattform für verschiedene Aktionen und Begegnungen. Angesprochen fühlen sollen sich auch Menschen, die auf der Suche sind nach einem Anknüpfungspunkt, weil sie vielleicht zugezogen sind und neue Kontakte suchen. Das Konzept der „Silberstreifen“ ist ein neuer Ansatz der Seniorenarbeit.

Anders als bei den traditionellen Seniorengruppen bilden sich aus eigener Initiative Interessensgruppen, die ihr Programm selbstständig organisieren und bewerben, wobei das Programm offen ist für verschiedene Konfessionen und Religionen. Gruppenverantwortliche sind die sogenannten „Trommler“ und „Trommlerinnen“, die dafür sorgen, dass Informationen weitergegeben, Rundbriefe verschickt werden, und damit das Programm am Laufen halten.
Wilhelm von Ascheraden, der ehemalige Pfarrer der Auferstehungsgemeinde, hatte die Idee zum Projekt. Er ist bekannt für sein Engagement für Ältergewordene und hat sich früh für gemeinschaftliche Wohnformen im Alter eingesetzt. Seit Jahren leben er und seine Frau Ulrike selbst in einer Hausgemeinschaft in Ortenberg. Als sich die ersten Silberstreifen in seinen Haaren gezeigt haben und er auf die Pensionierung zuging, da wollte er für die kommende Lebensphase mehr, als sich alle zwei Wochen zum Kaffeekränzchen einzufinden. „Das zieht heute nicht mehr, die Leute wollen selbst entscheiden und mitgestalten“. Er selbst hatte noch Zeit, Kraft und Lust. Und „wenn er selbst ein Thema hat, hat er auch für andere etwas daraus gemacht“, sagte Pfarrerin Jutta Wellhöner zur Verabschiedung ihres ehemaligen Kollegen.
Also hat er die „Silberstreifen“ gegründet für Menschen, die sich nach beruflichen und familiären Verantwortlichkeiten neu orientieren wollen. Auch sein Interesse an Seniorenpolitik habe er eingebracht. „Die Senioren-Lebensphase heute ist ziemlich lang, da muss man sehen, wie man die Energie, die Kräfte und Kompetenzen irgendwie abruft“, das sei auch Aufgabe der Seniorenarbeit der evangelischen Kirche, meint Wellhöner. So ein Modell einer lockeren Organisationsform unter dem Dach der Evangelischen Kirchengemeinde habe es bis dahin nicht gegeben. Für den neuen Ansatz der Seniorenarbeit wurden die „Silberstreifen“ deshalb 2011 mit einem Zukunftspreis der Landeskirche ausgezeichnet.
Zahlreiche Gruppen sind im Laufe der Jahre entstanden, einige dauerhaft, andere temporär, wie Literaturzirkel, Schreibwerkstatt, Französisch-Konversationsgruppen, Spielegruppen, eine neue Kleinkunstgruppe, auch Theaterfahrten, Exkursionen zu Kunst und Kultur, Thementage und vieles mehr. Um die 15 Gruppen seien es beständig, die sich in den Gemeinderäumen oder auch im privaten Wohnzimmer treffen.
Auf der Liste derer, die eingeladen werden wollten, seien über 300 gestanden, freut sich von Ascheraden über den Erfolg der von ihm angestoßenen Initiative. Dabei habe sich gezeigt, dass es nur Räumlichkeiten und eine erste Einladung brauche, dann rolle das Ganze mit einer Selbständigkeit, die für diese Generation der „jungen Alten“ kennzeichnend sei. „Wenn die dürfen, wie sie wollen und festlegen, in welchem Rhythmus sie sie treffen, welche Themen sie haben und wen sie dazu einladen, dann staunt man, was an Phantasievollem passiert und von selbst im bunten Garten der Gemeinde wächst.“
Jetzt will Wilhelm von Ascheraden doch etwas langsamer treten. Nicht, dass er sich nicht mehr bei „seinen Silberstreifen“ engagieren will. Aber er habe lange genug für die anderen mit gesorgt, wie er findet, seine Aufgabe habe er vor einigen Jahr bereits an Jutta Wellhöner übergeben, bei der jetzt die Fäden zusammenlaufen. „Ich habe die letzte, etwa 40 Kilometer lange Radtour zu den Chorturmkirchen im Hanauer Land zusammen mit Wilfried Lahl noch mit organisiert, jetzt mache ich als Indianer mit und nicht mehr als Häuptling.“

Informationen gibt es bei Jutta Wellhöner, 0781/57840, E-Mail: jutta.wellhöner@kbz.ekiba.de Homepage: http://mehr.bz/silberstreifen