BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN Karlsruhe, 08.08.2022

 

Kirchgängern drohen kalte Füße

Von unserem Redaktionsmitglied Stefan Proetel

Die Gemeinden bereiten sich und die Gläubigen schon jetzt auf einen Winter mit Energiekrise vor

Je heißer der Sommer, umso weniger Gedanken macht man sich gemeinhin um den bevorstehenden Winter. In den Kommunen schaut es anders aus. Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) präsentierte vor zwei Wochen Maßnahmen, mit denen die Verwaltung ihren Energieverbrauch drosseln will. Auch die Kirchen in der Stadt beschäftigen sich mit dem Thema. Beschlossen ist noch nichts, aber Kirchgängern drohen in Karlsruhe wie anderswo kalte Füße.

Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete, haben sich die vier christlichen Kirchen in Baden-Württemberg zum Thema Energiesparen bereits ausgetauscht. Auch die Evangelische Kirche in Karlsruhe bereitet sich vor. Der Stadtkirchenrat habe sich dazu zum ersten Mal beraten, sagt Dekan Thomas Schalla auf Anfrage der BNN. Beschlossen sei aber noch nichts. Auf Nachfrage bestätigt er, dass sämtliche von der evangelischen Landeskirche in Baden geplanten Maßnahmen auch in Karlsruhe zum Tragen kommen könnten. Die Landeskirche hat dpa zufolge sogenannte Winterkirchen geplant. Gottesdienste finden dabei nicht in Kirchen statt, sondern in Gemeindehäusern. Kirchengebäude würden dann gar nicht oder nur grundbeheizt. Zudem rät die württembergische Landeskirche, auch wieder verstärkt auf digitale Angebote etwa für Gottesdienste zurückzugreifen.

Bischof Gebhard Fürst (Diözese Rottenburg-Stuttgart) rief die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden dazu auf, sich aktiv auf die kommende Heizperiode vorzubereiten und zu planen, wie der Energieverbrauch gesenkt werden kann. „Für uns als Kirche ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns solidarisch in die gesamtgesellschaftlichen Bemühungen einbringen, Energie einzusparen, um die Versorgung von zentralen Bereichen der kritischen Infrastruktur mit Gas und anderer Energie zu gewährleisten“, teilte er mit.

Die Erzdiözese Freiburg stellte den Kirchengemeinden eine Handreichung mit Tipps zum Energiesparen zur Verfügung. Darin wird etwa erklärt, wie sich die Heiztemperatur senken lässt, ohne Frostschäden zu riskieren, und wie man Gottesdienstbesucher auf niedrige Temperaturen in den Kirchen vorbereiten kann.

Auch eine geringere Außenbeleuchtung der Kirchen soll beim Energiesparen helfen. Die Landeskirchen möchten dpa zufolge zudem längerfristige Maßnahmen wie die Sanierung von Gebäuden aufgrund der Gaskrise nun noch stärker angehen.

Bei der katholischen Kirche gibt es nach Angaben von Pressesprecher Tobias Tiltscher auf Ebene des Dekanats derzeit noch keine konkreten Pläne. „So weit haben wir noch nicht geplant“, sagt auch Daniel Nemirovsky, Geschäftsführer der Jüdischen Kultusgemeinde in der Nordstadt mit Blick auf die Heizperiode. Aber klar sei, dass die Besucher der Synagoge im Winter einen Mantel brauchen. Die Kultusgemeinde hat auf die Energiekrise mit akuten Maßnahmen reagiert. So wurde die Warmwasserzufuhr im Gebäude ab- und die Luftaustauschanlage zwei Grad höher gestellt. Ganz ausschalten sei nicht möglich, schließlich dauerten die Gottesdienste an den Samstagen drei Stunden. Zudem plant die Gemeinde eine Photovoltaikanlage auf rund 400 Quadratmeter Dachfläche des Verwaltungstrakts. Laut Nemirovsky beträgt der Energieverbrauch aktuell 80.000 Kilowattstunden pro Jahr. Durch die geplante Anlage hoffe man, den Verbrauch um 47.000 Kilowattstunden zu reduzieren.

Der Deutschsprachige Muslimkreis Karlsruhe mit Sitz in der Kaiserallee ist bei dem Thema Energiekrise einigermaßen entspannt, da er keine Moschee, sondern nur Wohnräume nutzt. Die Zimmer werden im Winter nur kurz vor Nutzung beheizt. Die Klimaanlage, die den größten, etwa 60 Quadratmeter großen Raum temperiert, wird nur für das Freitagsgebet eingeschaltet, sagt Vorsitzender Rüstü Aslandur den BNN.