Rhein-Neckar-Zeitung - Mosbacher Nachrichten, 06.08.2022

 

„Dieses Amt hat mich geprägt“

In 44 Jahren hat Peter Kinzler 1560 Gottesdienste als Prädikant im evangelischen Kirchenbezirk gehalten – Schluss mit 80 Jahren

Von Ursula Brinkmann

Lohrbach. Leicht ist ihm der Abschied nicht gefallen. Mit ernstem Gesicht und bedächtigen Gesten legte Peter Kinzler am Ende des evangelischen Gottesdienstes in der Lohrbacher Kirche Beffchen und Talar ab und machte damit vor der Gemeinde sichtbar, dass sein Dienst als Prädikant der Evangelischen Landeskirche in Baden nun beendet ist. Dieser ehrenamtliche Verkündigungsdienst endet jeweils mit der Vollendung des 80. Lebensjahres. Kinzler wurde wenige Tage nach diesem Sonntag, dem siebten nach Trinitatis, 80 und war somit fast genau auf den Tag 44 Jahre Prädikant.

Seinen ersten Gottesdienst hatte er am 6. August 1978 in Neckarzimmern „mit klopfendem Herzen“ gehalten, wie er nun bekannte. Mit dem Abschiedsgottesdienst ist diese Zahl auf 1560 gestiegen, wie Karlheinz Friedel als Mitarbeiter der Kirchengemeinde Lohrbach-Sattelbach-Reichenbuch wusste, „120 davon in Lohrbach.“

In der Lohrbacher Kirchengemeinde habe er sich immer besonders heimisch gefühlt, sagte der scheidende Prädikant mit seinem unverkennbar westfälischen Zungenschlag. „Hier in Lohrbach habe ich den Mut gehabt, Dinge anzusprechen, die unbequem waren.“ Kinzler hat dem Amt ein Gesicht, Worte gegeben; umgekehrt habe das Prädikantenamt ihn geprägt. Dafür sagte der noch 79-Jährige ebenso Dank wie für „alle Freundlichkeit, Gespräche, Briefe und Fürbitten“.

Kinzlers besondere Beziehung zur Lohrbacher Kirchengemeinde unterstrich auch Norbert Bienek, ebenfalls Prädikant. Als Dreier-Team hatten er, Karlheinz Friedel und Peter Kinzler den Gottesdienst vorbereitet und schließlich zelebriert. Als Bezirkskirchenrat und Vorsitzender der Synode im Kirchenbezirk Mosbach war es zudem Bieneks Aufgabe, den „Bruder in Christus“ von seinem Amt zu entbinden.

Unter einigen Dekanen und in vielen Kirchengemeinden sei Peter Kinzler eine Konstante gewesen. „Entscheidend ist, dass du im Alltag dein Christsein gelebt hast.“ In den Augen von Bienek sei es das, was einen Prädikanten ausmache. „Prädikanten sind nicht theologisch abgehoben, sie sind beweglich, sportlich und können reiten, ohne auf einem Thema herumzureiten“, spielte er auf Kinzlers Begeisterung für den Reitsport an.

„Manche Menschen wissen gar nicht, wie wichtig sie sind“, brachte Bärbel Schoder ihren Dank und den des Kirchengemeinderats zum Ausdruck; sie ist die Vorsitzende und machte den Dank insbesondere für die Zeit geltend, als die Pfarrstelle vakant war und Kinzler so manchen Gottesdienst bestritt. Auch seine begeisternde wie nachdenklich machende Art, zu predigen, ließ Schoder nicht unerwähnt und übergab einen üppig mit Lohrbacher Leckereien bestückten Korb. Mit der musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes setzte der „Chor der Hoffnungsträger“ Zeichen: „Nahrung gibt er dem Leibe …“ sangen die Frauen und Männer unter der Leitung von Roswitha Friedel.

Um Speisen hatte sich schon die Predigt von Peter Kinzler gedreht: Die Speisung der Fünftausend war für den Prediger Anlass gewesen, zunächst die märchenhafte Geschichte vom Tischleindeckdich anklingen zu lassen. Die vom Evangelisten Johannes niedergeschriebene wundersame Vermehrung von Broten und Fischen am See Genezareth nahm Kinzler zum Anlass, diesem Wunder Jesu und dem, was die Menschenmassen damit verbanden oder erwarteten, auf den Zahn zu fühlen. „Durch Wohlstand ist der Mensch nicht zu heilen“, wies er auf die viel weiter reichende Dimension Gottes hin. „Jesus ist der ganz Andere.“ Man könne die Herrlichkeit des Reiches Gottes nicht mit dem Gaumen schmecken. „Das Wunder ist so groß, dass am Ende mehr übrig bleibt, als am Anfang da war.“

Der Predigtschluss lässt sich als Zusammenfassung des Speisungswunders lesen, als Allegorie auf Jesu Wirken in der Welt und vielleicht sogar ein bisschen auf Peter Kinzlers Dienst als Prädikant …