„Kirche befindet sich auf dem falschen Weg“
Die Vorsitzende der Bezirkssynode übt deutliche Kritik an der Reduzierung der Bezirke – „Luther hatte eine Vision – und wir?
Von Peter Bayer
Eberbach. Unter dem Motto „segensreich“ fand gestern der 2. Evangelische Bezirkskirchentag statt. Eröffnet wurde er mit dem Festgottesdienst in der Stadthalle. Im Mittelpunkt des Festes stand dann auch der Segen Gottes.
Impulse zum Thema „Segen“ kamen im Gottesdienst von Eberbachs Bürgermeister Peter Reichert, der Vorsitzenden der Bezirkssynode Dr. Barbara Scheuble, Prädikantin Ulrike Glatz, der Bezirkssynodalen Elisa Rupp und Prädikantin Barbara Coors. Für Peter Reichert ist Segen ein Geschenk Gottes, das ihm Sicherheit gibt. Für Elisa Rupp und Mitglieder ihrer Familie ist es ein Segengesund und glücklich zu sein und auf Gott vertrauen zu können. Seit 2016 gibt es den Segen für alle Paare, betonte Barbara Coors: „Ich sehe dich wie du bist, und ich segne dich“.
Mit viel Beifall bedacht wurde Dr. Barbara Scheuble, die deutliche Kritik am Struktur- und Reformprozess äußerte. Die Institution Kirche brauche den Segen. Sie befinde sich in einer zunehmend schwierigen Situation, ihre Bedeutung schwinde, sie verkomme zum reinen Event, wie etwa die Lindner-Hochzeit zeige. Offenbar habe sie den Menschen nicht das anzubieten, was diese bräuchten. „Wie reagiert die Kirche auf die vielen Austritte? Die Bezirke werden reduziert“, kritisierte sie. Sinkende Mitglieder hätten sinkende Einnahmen zur Folge und weniger Pfarrer. Dies sei der falsche Weg, man blicke nicht über den Tellerrand hinaus. Als Juristin würde sie sagen „Die Kirche bereitet die geordnete Insolvenz vor“. „Vor über 500 Jahren hatte Martin Luther eine Vision, und wir?“ In der Gesellschaft gäbe es einiges zu tun, man müsse nach den Bedürfnissen der Menschen schauen, dies sei eine Chance. Sie forderte auf „groß zu denken“. „Hierfür brauchen wir eine Vision!“ Und für diese bat sie um Gottes Segen.
Oberkirchenrat Wolfgang Schmidt suchte sich für seine Predigt einen Text heraus, der einen nicht unbedingt „in Feierlaune versetzt“. Er stellte einen Bezug vom Auszug Abrahams zu den heutigen Flüchtlingen her. Die Anweisung Gottes „Geh’ aus deinem Vaterland in ein Land, das ich dir zeigen werde“, habe das Leben des zu dem Zeitpunkt 75-jährigen Abraham vollkommen umgekrempelt. Er erinnerte sich in diesem Zusammenhang an ein Bild, das drei Frauen mit Kopftuch auf dem Boden sitzend zeigt. In deren Gesichter Tränen zu sehen sind, die Verzweiflung ausdrücken. Es handle sich um Menschen, die Hals über Kopf fliehen mussten und ihre Heimat verloren haben. Wie damals Abraham hätten sie sich auf einen ungewissen Weg machen müssen. Liebe, Arbeit, Dürre, Krieg – es gebe mehrere Gründe, in eine andere Stadt oder ein anderes Land zu ziehen. Wenn man im Rückblick feststellen kann „ja, so war es gut“ oder „es ist gut gegangen, es hat dem Leben gedient“, könne dies ein Segen Gottes sein.
Dazwischen sorgte Pfarrerin Friedericke Brixner mit einer clownesken Einlage für einige Lacher. Sie kam wie der berühmte Mister Bean ohne Worte aus und zeigte, wie schön es sein kann, etwas weiterzugeben.
Die musikalische Gestaltung hatten Chöre aus dem Kirchenbezirk unter Leitung von Andreas Fauß sowie Bläser aus dem Kirchenbezirk unter Leitung von Stefan Heid übernommen.