Mannheimer Morgen Stadtausgabe, 19.07.2022

 

Wagt der Rat im Amselweg eine kleine Verkehrsrevolution?

Edingen-Neckarhausen: Am Mittwoch soll die Grundsatzentscheidung über den Bau von drei Holzhäusern mit 70 Wohnungen fallen

Von Hans-Jürgen Emmerich

Der Neubau dreier Mehrfamilienhäuser in Holzbauweise durch die Stiftung Schönau im Amselweg in Edingen rückt möglicherweise bald näher. Der Gemeinderat befasst sich in seiner nächsten öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 20. Juli, ab 18 Uhr im Bürgersaal mit dem Projekt. Konkret geht es dabei um die Entscheidung für eine von zwei Varianten.

Die Verwaltung spricht sich für Variante 2 aus. Diese sieht drei so genannte Punkthäuser vor. Deren Grundriss ist nahezu quadratisch und wirkt von oben betrachtet wie ein Punkt auf der Karte, daher die Bezeichnung. Eines davon läge östlich (am Amselweg) und hätte fünf Geschosse, die beiden anderen auf der Seite der RNV-Gleise hätten sieben Geschosse. Diese Art der Bebauung wirke weniger massiv, argumentiert das Bauamt der Gemeinde.

Insgesamt sollen in den Häusern in Holzbauweise rund 70 Wohneinheiten entstehen. Bei einer Bürgerinformation vor Ort Ende April hatte vor allem die Zahl der Autoabstellplätze für kontroverse Diskussionen gesorgt. Denn die Stiftung Schönau will nur für 55 Autos einen Stellplatz schaffen, also nicht für jede der Wohneinheiten einen. Vor allem Anwohner des Amselwegs befürchten, dass der Parkdruck dadurch weiter wächst. Städteplanerin Katharina Hafner hatte damals erläutert, man verfolge hier einen flächensparenden Ansatz. Ziel sei es, möglichst viel Wohnraum auf der Fläche zu schaffen. Es solle ökologisch gebaut werden, und die Planung setze auf eine sanfte und klimaschonende Mobilität an dem Standort in der Nähe des künftigen Radschnellwegs und der Straßenbahn.

Garage fürs ganze Quartier?

Vor der öffentlichen Präsentation der Pläne im April war im Gemeinderat hinter verschlossenen Türen noch eine andere Lösung diskutiert worden, nämlich eine Quartiersgarage auf dem vorhandenen Parkplatz an der Werner-Herold-Halle. Wo bislang nur ebenerdig Autos parken, könnte ein Vielfaches davon in einer mehrgeschossigen Garage untergebracht werden. Offenbar stieß aber diese Variante im Rat bislang nicht auf Begeisterung. Grundsätzliche Unterstützung findet die Idee der Quartiersgaragen beim ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). Ziel dieses Modells sei es, „den öffentlichen Raum vom ruhenden Verkehr zu entlasten und zu einer höheren Aufenthaltsqualität in Wohnquartieren beizutragen“. Gleichzeitig könnten sie die Rahmenbedingungen für „nachhaltige und intelligente Mobilitätslösungen“ schaffen. Einen großen Vorteil sieht der Club bei den Kosten. Tiefgaragen machten beim Wohnungsbau oftmals bis zu zehn Prozent der Gesamtbaukosten aus. Quartiersgaragen könnten deshalb die Kosten von Stellplätzen im Wohnungsbau senken und zu gerechten und zukunftsfähigen Mietkosten beitragen.

Beispiele dafür gibt es immer mehr. So planen die Stadtwerke Heilbronn nach einem Bericht der „Heilbronner Stimme“ im Neckarbogen den Bau eines Parkhauses mit 650 Stellplätzen, darunter fast 200 als Ladeplätze für E-Autos, und einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Bei geschätzten Gesamtkosten von 18 Millionen Euro macht das umgerechnet 28 000 Euro Baukosten je Platz. Zieht man einen zugesagten Zuschuss des Landes für die E-Ladestationen ab, sind es immer noch knapp 25 000 Euro.

In der Lincoln-Siedlung in Darmstadt gibt es Parkplätze vor der Haustür so gut wie gar keine mehr. „Die Anwohner parken in Garagen an den Rändern des Viertels, wenn sie überhaupt ein eigenes Auto haben“, heißt es in einem Beitrag der Hessenschau. Jeder Bewohner darf vier Stunden pro Woche kostenlos mit einem der Elektro-Autos fahren, die in der Siedlung verteilt stehen, und die Straßenbahn hält (wie in Edingen) um die Ecke.

Nachhaltiges Beispiel Goldbeck

Dass der Bau von Quartiergaragen oder Parkhäusern sogar nachhaltig sein kann, zeigt das Beispiel von Goldbeck. Das Parkhaus des Unternehmens am Standort Hirschberg (direkt an der A 5) ist bereits 2019 von der Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen mit Gold zertifiziert worden. Die Energieversorgung läuft über Wind- und Solarenergie. Über die Kosten je Stellplatz wollte das Unternehmen auf Anfrage keine Angaben machen.

Mehr zum Thema: mannheimer-morgen.de/edingen