Pforzheimer Zeitung, 30.06.2022

 

Kitas arbeiten am Anschlag

Evangelische Kirche und Diakonie fürchten eine Zuspitzung der Krise.

Starke Kritik am Kita-Fahrplan 2025
des Gemeindetags.

Martina Schaefer
| Pforzheim

Die Evangelische Kirche in Pforzheim als konfessioneller Träger von 21 Kitas mit 71 Gruppen, 1334 Betreuungsplätzen und 250 Fachkräften schlägt Alarm: Die geplante qualitative und quantitative Verschlechterung bei der Versorgung von Kindern, die der Gemeindetag Baden-Württemberg mit dem Kita-Fahrplan 2025 plane, sei nicht akzeptabel, erklärt Frank Burghardt, Leiter der Kirchenverwaltung, bei einem Pressegespräch. Dem überwiegenden Teil der Vorschläge steht die Kirche kritisch gegenüber.

Bis zu 31. August gelten die Sonderregelungen aus der Pandemie, wie beispielsweise ein abgesenkter Personalschlüssel. Danach soll es nach Ansicht des Gemeindetags dauerhaft statthaft sein, den Mindestpersonalschlüssel um 20 Prozent zu unterschreiten bei gleichzeitig größeren Gruppen. Damit möchte er die Mindeststandards flexibler gestalten, um wenigstens den Status quo zu halten.

Sabine Jost, Geschäftsführerin der Diakonie Pforzheim, und Fachberaterin Isabel Beckmann befürchten mit den schlechten Rahmenbedingungen aus dieser Regelung die letzten motivierten Erzieherinnen zu verlieren. Die brauche man aber, um mehr Nachwuchs auszubilden. Sie halten die Arbeitszufriedenheit der Fachkräfte für einen elementaren Kern, um weitere Fluktuation zu stoppen.

Grundsätzlich sei die Diakonie bei der Personalfindung auf einem guten Weg. Seit drei Jahren sorge sie intensiv durch die praxisintegrierte Ausbildung (PiA) für Nachwuchs aus eigenen Reihen. Zu den 250 Fachkräften gesellten sich diese 32 PiA-Fachkräfte, elf davon im letzten Lehrjahr, von denen acht übernommen würden. Doch die vorgeschlagene Verlängerung der Corona-Maßnahmen habe katastrophale Auswirkungen, nämlich die nächste Welle von frustrierten Fachkräften, die sich teilweise oder ganz abwendeten, befürchtet die Diakonie.

Alle Kita-Träger hätten mit einer Mangelverwaltung bei gleichzeitigem Rechtsanspruch der Eltern auf einen Kitaplatz zu kämpfen, sagt Burghardt. Die zwei Jahre Pandemie hätten zudem einer Verfünffachung an Verhaltensauffälligkeiten bei den Mädchen und Jungen zu Tage gefördert, die mehr Betreuung bräuchten. Gleichzeitig seien die Erzieherinnen erschöpft. Die Projektförderung aus dem sogenannten Bildungsbudget gelte es unbedingt beizubehalten. Sie gehöre zu anderen Maßnahme aus dem Kita-Fahrplan, die zu befürworten seien. Damit sollen die vom Land ausgeschütteten Finanzmittel, die momentan nach dem Gießkannenprinzip verteilt würden, zu einer verlässlichen Finanzhilfe würden. Damit einher gehen würde ein erheblicher Abbau an Bürokratie. Im Februar 2022 hatte der Gemeindetag Baden-Württemberg während seines Klausurtages die Landes- und Bundespolitik aufgefordert, einen Fahrplan für die Kinderbetreuung zu erstellen. Das Positionspapier, der „Kita-Fahrplan 2025“ soll dafür als Grundlage dienen. Ihrer Stellungnahme, die von den drei großen Kirchen im Land unterstützt werde, hat die Evangelische Kirche an den Gemeindetag gerichtet. Sie hofft außerdem auf die Unterstützung der Kommune.