Badisches Tagblatt Bühl, 29.06.2022

 

Eine Anlaufstelle für Menschen in Not

Bühler Außenstelle des Diakonischen Werks bietet primär Sozial- und Schwangerenberatung an

Von Katrin König-Derki

Bühl – Vielfach sind es traurige Schicksale, denen Adelheid Blaich und Heike Motzkau von der Bühler Außenstelle des Diakonischen Werks begegnen. Menschen, die mit Hartz IV kaum über die Runden kommen, zugleich aber nicht unbedingt die Stellen kennen, wo sie über die Regelsätze hinaus Hilfe erhalten – oder mit entsprechenden Anträgen überfordert sind.

Alleinerziehende Mütter, die sich ein neues Haushaltsgerät nicht leisten können. Aber auch Familien, in denen die Geburt eines Kindes ansteht und die sich über das Elterngeld informieren. Die Zahl der Bedürftigen, sagen die Mitarbeiterinnen, habe durch die Pandemie zugenommen. „Was jetzt mit der Steigerung von Energie- und Lebensmittelkosten auf uns zukommt, ist noch gar nicht absehbar.“ Im Interview schildern Blaich, Motzkau und Otto Tepper, Geschäftsführer der Diakonie im Evangelischen Kirchenbezirk Baden-Baden und Rastatt, warum ihre Arbeit quasi täglich weiter an Bedeutung gewinnt.

Heike Motzkau ist für kirchliche allgemeine Sozialarbeit zuständig. „Ich bin Anlaufstelle für alles und jeden“, sagt sie lächelnd. „Grundsätzlich geht es um allgemeine Sozialberatung für Personen in sozialen oder persönlichen Notlagen.“ Mit Blick auf Familien übernehme sie jeweils die, deren Kinder drei Jahre oder älter seien, zuvor fielen sie in Blaichs Aufgabenbereich. „Aber auch Arbeitslose oder Rentner in Altersarmut bitten mich um Rat. Wir haben sogar Fälle, wo berufstätige Eltern gemeinsam zu wenig verdienen, um für sich und ihre Kinder ein einigermaßen würdevolles Dasein zu finanzieren.“

Motzkau hört dann erst einmal nur zu – und schaut, ob sie weiterhelfen kann, etwa beim Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. „In der Pandemie waren viele Menschen noch hilfloser, weil das Jobcenter nur in Ausnahmefällen und mit Terminvereinbarung zugänglich war. Da konnte man nicht kurz vorbeischauen, um Fragen zu stellen oder Dokumente zu bringen. Und mit dem Online-Angebot kam so mancher gar nicht zurecht.“ Gelegentlich, weil das Gerät für den Internetzugang fehlte, oft aber auch, weil das Ausfüllen von Formularen ohne persönlichen Beistand als riesige Hürde empfunden wurde, wie sie erklärt. Wenn ihre Kompetenz nicht ausreicht, leitet Motzkau die Betroffenen an externe Personen, Ämter oder Behörden weiter.

Blaich berät Schwangere rund um Schwangerschaft und Geburt, sozialrechtliche Aspekte und Ansprüche auf besondere finanzielle Sozialleistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag. Schwangere mit geringem Einkommen hätten die Möglichkeit, eine einmalige Beihilfe für Babyerstausstattung bei der Bundesstiftung Familie in Not zu beantragen, sagt sie. „Wir prüfen diesen Anspruch. Die Stiftung ist allerdings stringent, wenn die Einkommensgrenze überschritten ist. Dann gibt es aber weitere Hilfen der Diakonie wie ‚flankierende Maßnahmen‘ oder das Programm ‚Kind willkommen‘.“

Wie der Staat all die Bedürftigen versorgen soll, die spätestens mit den Jahresendabrechnungen Anfang 2023 noch hinzukommen dürften, ist Otto Tepper ein Rätsel. Das System, sagt er, sei auf diese Situation schlichtweg nicht vorbereitet. „Man wollte zum Beispiel Hartz-IV-Empfängern ursprünglich ermöglichen, etwas für unvorhergesehene Ausgaben zurückzulegen. Momentan haben sie dafür nicht einen Cent – die Sätze basieren auf längst überholten Lebenshaltungskosten.“



Service: Die Außenstelle des Diakonischen Werks ist in der Aloys-Schreiber-Straße 8, offene Sprechstunden sind Montag von 14 bis 17 Uhr, ansonsten über Terminvereinbarung, Tel. 07223/22124. An diesem Samstag von neun bis zwölf Uhr werden Adelheid Blaich und Heike Motzkau zudem auf dem Bühler Wochenmarkt über die Angebote der Diakonie informieren und zu einem Quiz mit kleinen Preisen einladen.