Karlsruhe feiert einen tierischen Gottesdienst
Von unserem Mitarbeiter Georg PatzerVor St. Stephan segnen Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche Menschen und Vierbeiner
Ein Segen für die Tiere: Was für viele Passanten skurril anmuten mag, ist für die Teilnehmer völlig selbstverständlich. „Es ist mir wichtig, weil ja die Tiere wie Familienmitglieder sind“, sagt Petra Scheuerer. Und deswegen sollen auch sie, wie die Menschen, von der Kirche gesegnet werden. Und so haben sich viele Tierfreunde am Samstagnachmittag vor der Kirche St. Stephan zu einem ökumenischen Gottesdienst versammelt, den Citykirchenpfarrer Dirk Keller, selbst langjähriger Hundebesitzer, und Pastoralreferent Alexander Ruf gemeinsam im Freien abhalten.
Eine Katze, zwei Langohrasen und sogar ein kleiner Spatz, aber vor allem viele Hunde sind dabei. Zwischendurch gibt es mal ein kurzes Gebelle, aber die meisten tierischen Gottesdienstbesucher sind ruhig, liegen in der heißen Sonne oder suchen sich ein schattiges Plätzchen unter den Sitzbänken. Und schlürfen dankbar aus den Wasserschalen.
Es ist der zweite Segnungsgottesdienst für Mensch und Tier, der erste wurde 2019 abgehalten, in den beiden Jahren darauf war es nicht möglich. „Eigentlich ist es in der evangelischen Kirche nicht üblich, Tiere zu segnen“, erzählt Pfarrer Keller.
„Zu Martin Luthers Zeit wurde alles gesegnet, vom Stein bis zum Tier. Luther wollte die Anbetung von Dingen aber verhindern und hat es verboten.“ Die Umstände aber hätten sich geändert, Tiere spielten für viele Menschen eine wichtige Rolle: „Gott wirkt ja in allem, auch im Nichtmenschlichen.“
Auch für Monika Langen mit ihrem einjährigen Pudel Ida, den sie zum Begleithund ausbilden will, ist das selbstverständlich: „Wir schöpfen ja alle aus Gottes Kraft, auch für den Hund ist das wichtig“, sagt sie.
Wie sie erzählen viele während des Gottesdiensts Geschichten von Hund und Katze, die ihnen selbst Kraft geben oder ein Gefühl von Heimat.
Natürlich liegt bei einem tierischen Gottesdienst die Geschichte von Noahs Arche nah, die Ruf ausführlich nacherzählt. Dunkel sei es dort gewesen, alle Luken geschlossen, bis dann der blaue Himmel zu sehen gewesen sei. Alle Tiere hätten ihren Platz gehabt, es sei ein Miteinander gewesen während der 40 Tage dauernden Sintflut. Und so sei Noah ein gutes Beispiel, das den Menschen im Miteinander der ganzen Schöpfung Mut geben könne.
Der Segen wird von den beiden dann mit einem Wedel ausgeteilt, Fürbitten werden vorgetragen, Psalmen gesungen und eine bekannte Melodie mit dem neuen Text „Er hält die Hasen und die Hunde in Seiner Hand“.
Die gesammelten Spenden und der Erlös aus der Bewirtung gehen an die Tierfreunde Ukraine. „Seit zehn Jahren sind wir schon tätig“, erzählt Anna Jung, die mit ihrem noch jungen und sehr neugierigem Hund Saika („kleiner Hase“) an einem der kleinen Stände steht. Und Alexander Hoppe mit seinem Cockerpu (Cockerspanielpudel) Snickers verweist auf die Karlsruher Tiertafel und dass schon mehrere Paletten mit Hilfsgütern für notleidende Tiere in der Ukraine verschickt wurden.
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