Rauer werdende Stimmung macht Sorgen
Ein ökumenischer Gottesdienst unter dem Motto „Frieden für die Stadt“ hat an Michaelis in der Alten Stadtkirche St. Michael den Schopfheimer Friedensherbst eröffnet. Im Mittelpunkt stand ein Predigtgespräch.
SCHOPFHEIM Mit Liedern, einer Lesung und Gebeten hatte die Arbeitsgruppe Ökumenische Friedensarbeit den Gottesdienst vorbereitet, zu dem vor allem die Vertreter des politischen Gemeinderates und der Kirchengemeinderäte eingeladen waren. Sie sollten sich im Anschluss bei einem Stehempfang begegnen und austauschen, wie der Frieden in der Stadt bewahrt, dem zunehmend raueren Ton im Umgang miteinander entgegengewirkt werden kann.
Umrahmt wurde der Gottesdienst von den katholischen und evangelischen Kirchenchören unter der Leitung von Andreas Möller und Christoph Bogon, die gemeinsam unter anderem das eindringliche Friedensgebet von Assisi, Bartholdys „Verleih uns Frieden gnaediglich“ und einen Ausschnitt aus Haydns „Schöpfung“ intonierten. In der alten Stadtkirche blieben noch einige Stühle frei.
Im Predigtgespräch mahnte Bürgermeister Dirk Harscher, man müsse die Menschen, die am Rande stehen, wieder in die Mitte der Gemeinschaft holen, der katholische Pfarrer Michael Latzel forderte „Solidarität mit denen, die leiden“, und der evangelische Pfarrer Martin Schmitthenner meinte im Bezug auf die Bergpredigt, zum Thema Frieden gehöre auch Gerechtigkeit.
Mit wechselseitigen Fragen und Antworten beschäftigte sich das Trio im Altarraum unter anderem damit, wie die politische Gemeinde für Frieden in der Stadt sorgen und andererseits die christlichen Gemeinden vor allem auf die Jugend einwirken können, um Gewalt und Streit zu vermeiden. Dabei kamen auch die Themen Rechtsextremismus, Rassismus, aber auch die Inflation und zunehmende Unzufriedenheit der Menschen zur Sprache. Er könne mit gutem Gefühl sagen, dass der Gemeinderat an der Sache orientiert diskutiere, meinte Dirk Harscher: „Das passt momentan in Schopfheim.“ Allerdings, so der Bürgermeister, hoffe er, dass dies auch 2024 bei den nächsten Kommunalwahlen so bleibe. Harscher: „Ich wünsche mir, dass es keine Vertreter der AfD im Gemeinderat gibt.“
Pfarrer Schmitthenner forderte dazu auf, „Flagge zu zeigen für den Frieden“, und fragte sich, wie man am besten mit rassistischen und verletzenden Parolen umgehen soll. Pfarrer Latzel plädierte für eine „tiefere Vernetzung im sozialen Bereich“ und schlug unter anderem vor, eine Städtepartnerschaft mit einer Stadt in der Ukraine einzugehen. Dies auch, um zu verstehen, wie wenig selbstverständlich Frieden ist.
Auch Latzel registriert in Schopfheim ein „Auseinanderdriften der Gesellschaft“ und der Bürgermeister bestätigte, dass die Stimmung in Schopfheim „rauer“ werde. Viele Familie kämen kaum mehr über die Runden, auch die Mittelschicht spüre zunehmend finanzielle Engpässe. Erörtert wurde auch die Frage, wie Christen mit anderen Religionsgemeinschaften zusammenarbeiten können. Pfarrer Latzel sprach sich dafür aus, aufeinander zuzugehen, Anteil zu nehmen. Als ein Beispiel schlug er vor, einmal die Synagoge in Lörrach zu besuchen. Pfarrer Schmitthenner: „Wir brauchen die Neugier aufeinander.“ Man müsse sehen, was man gemeinsam machen könne, ohne aber die eigene Identität zu verleugnen. Mit gezielten Veranstaltungen sollten die Menschen unterschiedlichster Kulturen in der Stadt zusammengebracht werden. „Frieden braucht auch Engagement“, sagte Dirk Harscher und forderte dazu auf zuzuhören und Streit ohne Gewalt zu lösen. Mit einem Appell an Gemeinsamkeit und Toleranz wurde das Predigtgespräch abgeschlossen. Mehrere Veranstaltungen stehen im Schopfheimer Friedensherbst auf dem Programm: am 17. Oktober eine Lesung mit dem Rüstungsgegner Jürgen Grässlin in der Alten Feuerwache in Lörrach, am 19. Oktober ein Gebet für den Frieden in der Alten Kirche in Schopfheim, am 9. November Lieder und Texte in der St. Agathenkirche in Fahrnau.
Am 19. November spricht Schuldekan Ralph Hochschule in der evangelischen Stadtkirche Schopfheim im Gottesdienst zum Thema „Friede ernährt – Unfriede verzehrt“ und am 22. November wird in der Stadtkirche ein Gottesdienst zum Abschluss der Friedensdekade 2023 gefeiert.
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