Badische Zeitung Ortenau, 29.09.2023

 

Pfarrer Adler geht – und bleibt gerne hier

Pfarrer Heinz Adler wird an diesem Sonntag in den Ruhestand verabschiedet. 15 Jahre lang betreute er die evangelische Kirchengemeinde Meißenheim – und hat sie so lieb gewonnen, dass er nicht mehr weg will.

Meissenheim Das hinter der Meißenheimer Barockkirche gelegene Pfarrhaus mit dem großen Garten ist in spätsommerliches Septemberlicht getaucht. Noch ist Pfarrer Heinz Adler der Hausherr, der herzlich an der Haustür empfängt. Der 66-Jährige sitzt aber schon auf gepackten Koffern. Das zeigt ein Blick in das geräumige Altbaubüro. In den Bücherregalen gibt es Lücken, ein Umzugskarton steht vor dem Schreibtisch. Nun heißt es für Heinz Adler Abschied nehmen von den Räumen und von der Leitung der evangelischen Kirchengemeinden Meißenheim und Kürzell mit ihren 1880 Mitgliedern.

Aus der Pfarrwohnung, in der schon die berühmte Bewohnerin Meißenheims lebte, Goetheschwarm Friederike Brion, sind Heinz Adler und seine Frau bereits ausgezogen. Ende 2022 bezogen sie das neugebautes Haus, passenderweise in der Goethestraße. Ursprünglich wollten sie zurück nach Bahlingen am Kaiserstuhl, wo Heinz Adlers familiäre Wurzeln liegen. Seine „zwei Frauen“, Ehefrau Doris und die 28-jährige gemeinsame Tochter Katharina, die in Karlsruhe lebt, wollten jedoch lieber im Ried bleiben: „Wir fühlen uns pudelwohl.“ Das dörfliche Leben ziehe er dabei dem Stadtleben vor: „Anonymität ist nicht das, was ich brauche. Ich finde es nett, wenn ich ein Schwätzchen halten kann, hier finde ich Hilfe, wenn ich sie brauche und man kann in Meißenheim und in Kürzell super wohnen“, sagt er im Gespräch mit der Badischen Zeitung.
Die damals vakante Gemeinde wurde Heinz Adler vom Kollegen und ehemaligen Pfarrer von Diersburg, Eckhard Weißenberger, empfohlen. Die Adlers schauten sich die Gemeinde an: „Wir sind hergekommen und fanden es wunderbar.“ Seine Gänge über die Friedhöfe bekräftigten ihn: „Es sind sehr gepflegte Friedhöfe. Da sieht man, wie die Leute ticken. Ich dachte mir: Wenn sie mit den Toten so umgehen, dann gehen sie auch mit den Lebenden so um.“


Die Aufgaben als Pfarrer waren vielfältig, resümiert Heinz Adler. „Ein Theologiestudium reicht hinten und vorne nicht“, sagt lachend. „Man müsste Architektur studieren, Sanitär- und Verwaltungsfachmann sein. Im Grunde ist man Mädchen für alles.“ Über allem stand für ihn die Seelsorge: „Mir war die Nähe zu den Menschen wichtig und Ansprechpartner für alle, egal welcher Konfession, zu sein.“ Er glaubt, ihm sei das gelungen: „Ich habe zu den allermeisten einen guten Draht.“


Heute würde er wieder Pfarrer werden, sagt Heinz Adler ohne Umschweife. Zum Beruf hatte ihn das Interesse an theologischen Fragen geführt. Sein Fazit nach all den Berufsjahren: „Es gibt daran nichts, was nicht gut ist.“ Dieser sei vielfältig und vielschichtig, man komme mit Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen zusammen und der Beruf sei sinnstiftend: „Ich habe ihn als notwendig und nützlich erlebt.“ Bloß die Zunahme des Verwaltungsaufwands sei ein Nachteil: „Nochmal eine Regel, nochmal eine Vorschrift – das kostet Arbeitszeit.“ Dass innerhalb der Region Ried (Schwanau, Meißenheim und Neuried) aufgrund Nachwuchsmangels künftig eine Stelle eingespart werden muss, ist für Heinz Adler ein weiterer Kritikpunkt. Das gehe am Bedarf vorbei. Stattdessen müsse Kirche in der Fläche noch deutlicher präsent sein.


Bevor er nach Meißenheim kam, war er Landeskirchlicher Beauftragter für Konfirmandenarbeit. Von der Liebe zur Arbeit mit jungen Leuten profitierten auch die Gläubigen im den zwei Rieddörfern. Im Team mit seiner Frau wurde der „Konfi-Unterricht“ gestaltet: „Das habe ich sehr genossen. Als Team kann man kreativer und vielseitiger arbeiten.“ Am Ende des Berufslebens scheint bei Heinz Adler die Begeisterung nicht abgeflacht. Sein Glaube trage ihn weiterhin, betont er: „Er stärkt und tröstet mich immer. Ich sehe nicht schwarz für die Welt. Ich wünsche mir nur, dass sie wieder mehr Orientierung bekommt, weil sie angetrieben ist von Individualismus. Es ist aber wichtig, zu wissen, dass ich mitverantwortlich bin.“ Die berufliche Verantwortung gibt er nun ab. Im Ruhestand will der Klassikfan sich ums Gelände hinter dem neuen Haus kümmern, spontane Radtouren machen. Ansonsten werde er aber die Füße still halten und will dem Nachfolger oder der Nachfolgerin nicht reinreden.


Die Pfarrstelle wird auf BZ-Nachfrage beim Lahrer Dekan Rainer Becker wieder besetzt. Weil sich auf die Ausschreibung niemand beworben hat, übernimmt der Oberkirchenrat die Besetzung. In der Zwischenzeit führt Pfarrerin Anna Manon Schimmel aus Neuried-Ichenheim die Geschäfte in Meißenheim und Kürzell. Den Konfirmandenunterricht verantwortet Jugendreferentin Anna Lohf. Auch einen Gottesdienstplan gebe es bereits.


Für Heinz Adler hat die Stelle jedenfalls optimal gepasst. Er kann nur gute Worte über die Gemeindemitglieder finden. Vielleicht lässt sich damit eine Pfarrerin, ein Pfarrer nach Meißenheim locken? Er schwärmt: „Ich finde die Meißenheimer und Kürzeller sind bodenständig, sehr liebenswürdig und herzlich und wie heißt es so schön: Man kann mit ene gschirre. Hier lässt sich’s gut Pfarrer sein.“