rnz.de (Rhein-Neckar-Zeitung), 27.09.2023

 

Werden die Gemeindehäuser in Richen und Ittlingen geschlossen?

Der Strukturprozess der Badischen Landeskirche wirft seine Schatten voraus. Auch der Wegfall des Pfarrsitzes droht.

Eppingen-Richen/Ittlingen. Wie wird die evangelische Kirche im Dekanat Kraichgau in Zukunft mit Blick auf Personal und Gebäude aufgestellt sein? Um diese und weitere Fragen ging es jüngst in der Gemeindeversammlung in Richen. Daran nahmen mehr als 40 Gemeindemitglieder – darunter Bürgermeister Kai Kohlenberger aus Ittlingen und Ortsvorsteher Giselbert Seitz aus Richen – teil.

Nach der Begrüßung durch die beiden Vorsitzenden der Gemeindeversammlung stellten Dekanin Christiane Glöckner-Lang und ihr Stellvertreter Emanuel Fritz die wesentlichen Grundsätze des Strategieprozesses "Ekiba 2032"
der Badischen Landeskirche vor.

Die Zahl der Kirchenmitglieder nimmt durch Austritte und den demografischen Wandel permanent ab. In zehn Jahren stehen der Kirche etwa ein Drittel weniger Einnahmen aus der Kirchensteuer zur Verfügung. Hinzukommt die rückläufige Zahl an Pfarrern und Diakonen. "Es kommen weniger Hauptamtliche nach, als in Ruhestand gehen", erläuterte die Dekanin bei ihrer 20. Gemeindeversammlung zu diesem Thema.

Vor diesem Hintergrund will die Badische Landeskirche 30 Prozent der Ausgaben für Personal und Gebäude bis zum Jahr 2032 einsparen. Dies soll erreicht werden, indem die Pfarrstellen im Dekanat stufenweise von 28 auf 19 im Jahr 2036 reduziert werden. Glöckner-Lang betonte, dass es keine Entlassungen gebe. "Allerdings werden wir nicht alle freien Stellen neu besetzen können."

Der Kirchenbezirk soll in drei Kooperationsräume Nord, Süd und Mitte aufgeteilt werden. Dort soll die Zusammenarbeit ausgebaut werden. Ittlingen/Richen gehört zur Region Süd. Sie ist identisch mit dem früheren Kirchenbezirk Eppingen-Bad Rappenau. Hier sollen bis 2036 insgesamt 2,5 Pfarrstellen eingespart werden. Dazu gehört auch der Pfarrsitz in Ittlingen/Richen.

"Jede Gemeinde wird auch künftig eine feste Pfarrperson haben, die für die Seelsorge zuständig ist, aber diese wird darüber hinaus Aufgaben für die Gemeinden einer Region wahrnehmen, wie die Seniorenarbeit, die Kindergottesdienste oder die Öffentlichkeitsarbeit. Welche das sind, legen die Gemeinden einer Region selbst fest", erläuterte Glöckner-Lang.

Auch bei den Gebäudekosten sollen 30 Prozent gespart werden. Im Dekanat Kraichgau gibt es aktuell 24 Kirchengemeinden. Mit 84 kirchlichen Gebäuden hat der Bezirk den viertgrößten Bestand in Baden. Nach einer "Gebäudeampel" sollen kirchlich genutzte Räume mit grün, gelb oder rot eingestuft werden.

Dabei wird die Landeskirche für grüne Gebäude bei notwendigen Baumaßnahmen 50 Prozent Baubeihilfe gewähren. Bei rot eingestuften Gebäuden werden keine Finanzmittel mehr bereitgestellt. Die verbleibenden Gebäude sollen bis zum Jahr 2040 klimaneutral sein.

Nach der Gebäudeampel sind die beiden Gemeindehäuser in Ittlingen und Richen mit rot und die Kirche in Ittlingen mit gelb bewertet. Nur die Kirche in Richen ist hellgrün. Sie gehört der Stiftung Evangelische Pflege Schönau und wird bei den Gebäudekosten daher nicht berücksichtigt.

In der anschließenden Aussprache wurde der Vorschlag, Baumaßnahmen von drei kirchlichen Gebäude nicht mehr zu fördern, heftig diskutiert. "Die Seelsorge und der missionarische Dienst im Diakonat kommen zu kurz", meinte ein Teilnehmer. "Kein Gemeindehaus ist nicht gleichbedeutend, dass es keine Gemeindearbeit mehr gibt", verwies die Dekanin auf eine stärkere Zusammenarbeit mit der katholischen oder politischen Gemeinde bei der Nutzung von Räumen. Einige Teilnehmer äußerten ihre Befürchtung, dass sich die Landeskirche aus Ittlingen und Richen zurückzieht. Auf der Grundlage des Stimmungsbildes in der Gemeindeversammlung beabsichtigen die Kirchengemeinderäte, eine entsprechende Stellungnahme an das Dekanat und den Kirchenbezirk Kraichgau abzugeben. Die endgültige Beschlussfassung über die Gebäudeampel soll im Rahmen der Bezirkssynode im November getroffen werden.

Der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Uwe Ebert, berichtete aus der Arbeit im Kirchengemeinderat. Bedauerlicherweise haben sich der evangelische Kirchenchor und der Frauenkreis in Richen aufgelöst. Mit Armin Speer aus Ittlingen bekamen die Kirchenältesten aus Ittlingen Zuwachs. Allerdings schied Inge Tröndle aus Richen aus dem Gremium aus. Die vor elf Monaten eingeführten Dorfgespräche Richen fanden großen Anklang und werden fortgesetzt. Als Energiesparmaßnahme fand in Ittlingen erstmals die Winterkirche im Gemeindehaus statt. Kurz vor der Fertigstellung stehen die Bauarbeiten am Kirchenturm Richen. Außerdem musste ein Wasserschaden in der Sakristei beseitigt werden.

Pfarrerin Katja Bonus berichtete über eine neue Liturgie der Gottesdienste, bei denen die aktuell 23 Konfirmanden stärker mit einbezogen werden sollen. Außerdem gab sie die künftigen Gottesdienstzeiten an Heilig Abend bekannt.