Gläubige feiern
Eva Läufer-KlinglerEs ist für die Menschen jüdischen Glaubens in Karlsruhe ein besonderer Tag und ein besonderer Moment: Am Freitag, 15. September, beginnt nach Sonnenuntergang mit dem Heraufziehen der Dämmerung das jüdische Neujahrsfest, und es bricht damit für sie das Jahr 5784 an. Auf Hebräisch heißt dieses Fest Rosch Haschana (wörtlich übersetzt: Kopf des Jahres) und es dient nicht nur dem Jahreswechsel, sondern auch dem Gedenken an Gottes Wirken. Rosch Haschana markiert dabei den Tag, an dem die Schöpfung abgeschlossen war.
Daniel Nemirovsky, Geschäftsführer der Jüdischen Kultusgemeinde in Karlsruhe, hat besondere Beobachtungen gemacht, die denen in christlichen Gemeinden nicht ganz unähnlich sein dürften. Er bemerkt, dass viele Menschen das Herannahen von Neujahr auch zu einem echten Neuanfang nutzen. Alte Schulden, durchaus auch finanzieller Natur, werden beglichen. Kontakte, die man hat schleifen lassen, werden wieder geknüpft. „Das Gewissen“, so Nemirovsky „wird ins Reine gebracht. Im wahrsten Sinne beginnt man neu, doch immer mit dem Blick auf die Traditionen.“
Die vielen Feste, die Jüdinnen und Juden in aller Welt wie auch in Karlsruhe – sowohl in der Jüdischen Kultusgemeinde als auch bei der „Bewegung Chabad Lubawitsch Baden“ – feiern, sind wichtig. Sie bringen die Familien zusammen und stärken die Erinnerung an die Vergangenheit und die verschiedenen überlieferten religiösen Ereignisse des Alten Testaments. Viele der Feste haben einen Bezug zu den Jahreszeiten. Die drei größten Feste im jüdischen Jahr sind das Passahfest, das Wochenfest Shavuot und das Laubhüttenfest im September.
Mit Letzterem fallen also einige weitere Gedenktage kalendarisch in den Herbst. So folgt am 24. September Yom Kippur, der Große Versöhnungstag, an dem das Volk Israel mit Gott versöhnt wurde. Dies ist ein ruhiger Tag mit Gottesdiensten und Gedenken an die Verstorbenen. Das lebhaftere Laubhüttenfest Sukkot wird ebenfalls dieses Jahr noch im September, nämlich ab dem 29. stattfinden und bis zum 6. Oktober andauern. Für dieses Fest werden, wo es möglich ist, Hütten aus Laubzweigen gebaut, in denen die männlichen Familienmitglieder während der Feiertage wohnen können – eine Erinnerung an die Wüstenwanderung, in der das Volk Israel ebenfalls in Hütten gelebt haben soll.
Bei der „Bewegung Chabad Lubawitsch Baden“, so erzählt deren Rabbi Moses Mendelsohn, gehen die gläubigen Juden in den Schlossgarten und halten sich in der Nähe einer Quelle auf. Ansonsten wird in den jüdischen Gemeinschaften getanzt, gegessen und musiziert. Es seien fröhliche, aber auch nachdenkliche Feste, betont Daniel Nemirovsky von der Jüdischen Kultusgemeinde. Die Bräuche und deren Einhaltung sollen helfen, den Zusammenhalt der Gemeinden zu stärken und die Erinnerung an die Geschichte des Volkes Israel, auch für die Kinder, wachzuhalten.
Dieses Jahr, so Moses Mendelsohn, Rabbi von Chabad, fallen alle drei Feste auf Wochenenden, sodass jüdische Kinder und jüdische Beschäftigte keine freien Tage in der Schule oder dem Betrieb beantragen müssen.