BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN Karlsruhe, 14.09.2023

 

Ein Hospiz für ganz Karlsruhe?

Marcus Dischinger

Karlsruhe. „Ein Meilenstein für Neureut“, „eine wichtige Entwicklung“ und „viele Chancen“ – so lauteten die Einschätzungen in der Sitzung des Neureuter Ortschaftsrats am Dienstagabend zur Frage, ob im Quartier Kirchfeld in einigen Jahren ein Hospiz für Karlsruhe gebaut werden könnte. Die Ortschaftsräte begrüßten die Idee einhellig. Eine Realisierung wird aber nicht ganz so einfach.

Das liegt nicht nur an möglicherweise komplizierten Genehmigungsverfahren oder an der Finanzierung, die vom Träger gestemmt werden muss. Bauen will der Verein Arista, der in Ettlingen und mittlerweile auch in Bruchsal ein Hospiz betreibt und von Caritas- und Diakonieverbänden in Karlsruhe und Ettlingen getragen wird.

In einem Hospiz verbringen sterbenskranke Menschen die letzte Phase ihres Lebens in einer guten und würdigen Atmosphäre. Das Areal in Kirchfeld erscheint dafür ideal. Kirche und Pfarrhaus werden von der Kirche im Zuge von wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozessen, die von der Erzdiözese Freiburg vorgegeben werden, aufgegeben.

Bedeutsam ist das Projekt für die Stadt deshalb, weil es schlicht und ergreifend eine solche Einrichtung im Stadtgebiet nicht gibt. Ganz einfach war der Start allerdings nicht. Das liegt am Ort, den der Träger ins Auge gefasst haben. Gebaut werden soll auf dem heutigen Gelände der katholischen Kirche St. Heinrich und Kunigunde. Und genau das stößt einigen Anwohnern sauer auf. „Sie wollen uns unsere Kirche wegnehmen“ oder „Das dürfen sie gar nicht“ – so lauteten einige der harmloseren Kommentare, als die Idee öffentlich wurde. Die Stimmung sei durchaus „unschön und giftig“ gewesen, erinnert sich Winfried Dörr vom örtlichen Bürgerverein an die ersten Diskussionen zurück. „Da war Druck im Kessel.“

Viele Anwohner fühlen sich mit „ihrer“ Kirche emotional stark verbunden. Sie wurde 1953 von den Donauschwaben errichtet, die nach dem Krieg zu Hunderten in Kirchfeld eine neue Heimat gefunden hatten. Sie und auch deren Nachkommen fürchten, die Kirche könnte in den kommenden Jahren verschwinden.

Weil es anfangs wenig Wissen und Transparenz zum möglichen Bau eines Hospizes gab, entschloss sich der Pfarrgemeinderat der zuständigen Seelsorgeeinheit Karlsruhe-Hardt schon im vergangenen Jahr dazu, in die öffentliche Diskussion mit den Menschen vor Ort zu gehen – eine richtige Entscheidung. „Wir konnten dadurch eine positive Stimmung schaffen, trotzdem gab es natürlich viele Fragen und Emotionen“, betonte Claudia Klant vom Pfarrgemeinderat in der Sitzung.

Die Notwendigkeit eines Hospizes bestreitet dabei grundsätzlich niemand in der Diskussion. Wohl aber machen sich viele Sorgen um das quartiersprägende Ensemble aus Kirche, Kirchturm, Garten und Gemeindesaal samt Kirchenbücherei und Kita. Letztere drei sollen nicht infrage gestellt sein, betont Klant.

Dörr vom Bürgerverein gehörte anfangs auch zu den Skeptikern. Nun aber ist er ein Befürworter des Projekts. „Wir wollen das Hospiz, man kann fast sagen, wir fordern das“, sagte er gegenüber den politischen Vertretern. Vor allem die Idee, ein Kinderhospiz zu integrieren, sei sehr bedeutsam.

Der Wunsch des Bürgervereins sei aber, dass man mit dem Gelände aufgrund seiner Bedeutung für das Quartier sehr behutsam umgehe. Man dürfe „hier nicht mit dem Vorschlaghammer vorgehen“. Eine mögliche Bebauung müsse sich in die Umgebung einfügen, so wie es das Baugesetzbuch für den Innenbereich vorgebe. Ortsvorsteher Achim Weinbrecht wies darauf hin, dass der Bebauungsplan nicht geändert werden müsste, um dort ein Hospiz zu bauen.

Für Dekan Hubert Streckert ist vorstellbar, das Hospiz in die Kirche hineinzubauen und auch den Turm zu behalten. Es würde auch dem Wunsch des Pfarrgemeinderats entsprechen. Bis zum Bau des Hospizes würden aber noch etliche Jahre ins Land ziehen, betont er.