Künstlerin betrachtet die Erde aus der Luft
Michael Müller | PforzheimJohanna Helbling-Felix schafft Landschaften mit dem Blick der Distanz.
Ausstellung eröffnet
an diesem Sonntag
im Hohenwart Forum.
Diese Kunst ist abgehoben. Und zwar im besten Sinne. Aus wohltuender Distanz betrachtet die Zeichnerin Johanna Helbling-Felix die Erde. Ihr Thema ist die Landschaft, die Topografie. Nicht verwunderlich, war sie doch von 1969 bis 1983 aktive Segelfliegerin. Von 1988 bis 2017 überflog sie als Co-Pilotin in einem kleinen Oldtimer-Sportflugzeug vor allem Deutschland, Dänemark, Schweden und Südengland. Sie hielt das von oben Gesehene in postkartengroßen Skizzen und mit der Kamera fest. „Aus dem damals entstandenen Fundus schöpfe ich bis heute“, sagt die Künstlerin mit Atelier bei Bühl. Dort erarbeitet sie in unterschiedlichen Formaten Serien, vom wandfüllenden Groß- bis zum Kleinformat.
Durch das Abheben in die Luft schafft Johanna Helbling-Felix bewusst eine andere Perspektive und zugleich eine größere Distanz zu der unter ihr liegenden Landschaft. Himmel und Erde, der offene Raum dazwischen, haptisch nicht greifbar und diffus, sind Prinzipien, die sich in ihren Arbeiten gegenseitig bedingen und miteinander verschmelzen. Und so heißt die Ausstellung, die an diesem Sonntag im Hohenwart Forum eröffnet, auch „Die Unterseite des Himmels“. Es ist die erste von Christina Körner kuratierte Schau, die in diesem Jahr die Stelle von Krisztina Jütten übernommen hat (die PZ berichtete).
Johanna Helbling-Felix’ Fokus liegt auf zeichenhaften Spuren, die Menschen oder Naturkräfte auf der Erde hinterlassen. „Aber ohne erhobenen Zeigefinger oder ökologischer Motivation“, wie sie betont. Es sei mehr die Faszination an Ästhetik und Formen, die sie reizt. Aus der Distanz der Flughöhe „verflächigen“ sich die Dinge, reduzieren sich auf Linie, Struktur, Form und Farbe. Mit Ölkreide, wasserlöslicher Kreide, Bunt- und Bleistiften entstehen Interpretationen der überflogenen Landschaften. Mal wird ein Grenzturm, mal ein Industriegebäude hinzu imaginiert. In mehreren Schraffur-Schichten nähert sie sich ihrer Bildvorstellung. Oft reibt sie mit der Handfläche aufgetragene Schichten teilweise aus, um eine neue darüberzulegen. Ihre Kunst speist sich aus dem Sehen und dem körperlichen Empfinden. So entstanden Serien wie der „Flug des Rheins“, „Rheinaue“, „Gezeiten“.
Der Fluss, diese Orientierungslinie von Nord nach Süd, habe es ihr angetan. „Ich bin dort geboren, der Rhein mit seinen Auen birgt unglaublich viele Facetten und Formen“, sagt sie. Hat sie früher Fotografien in Triptychen oder Bildpaaren kombiniert, so schneidet sie in den letzten Jahren Details direkt aus Fotografien oder Zeichnungen und collagiert sie in traditioneller Klebetechnik. Oftmals auch mit Kopien von historischen Wetterkarten. In neuesten Collagen übermalt sie beispielsweise teils lasierend Fotofragmente und überlagert sie mit neuen Zeichnungen. Skulpturen ergänzen die Schau, sie sind während ihres Stipendiums in Sydney entstanden, inspiriert von der starkfarbigen Erdoberfläche Australiens.
„Die Unterseite des Himmels“ eröffnet am Sonntag, 17. September, 11.30 Uhr mit Art-Gottesdienst im Hohenwart Forum, Schönbornstraße 21 in Pforzheim. Die Schau ist bis 12. November zu sehen: montags bis samstags von 8 bis
19 Uhr, sonntags von 8 bis 16 Uhr.
Johanna Helbling-Felix, Künstlerin aus Bühl
„Zeichnung ist für mich die direkteste Form
des Ausdrucks. Die Arbeiten gehen immer
durch meinen persönlichen künstlerischen Filter. “
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