Kritik an neuen Strukturen
Dass es in Rüppurr keine Zentrale Notaufnahme mehr gibt, gefällt vielen Anwohnern nicht Eva Läufer-KlinglerKarlsruhe. Die meisten Befragten machen keinen Hehl aus ihren Gefühlen: Sie sind traurig, dass das Diakonissenkrankenhaus sein Gesicht deutlich verändert und dass die Zentrale Notaufnahme in der bekannten und vertrauten Form seit Ende Mai nicht mehr existiert.
Coriane Burth aus dem nahen Heckenweg hat ihre drei Kinder im „Diak“ geboren und hat die Notaufnahme häufiger aufgesucht: „Ich weiß noch, wie meine zweijährige Tochter die Treppe heruntergefallen ist und ich sie in einem Tragetuch hinüber in die Notaufnahme getragen habe.“ Szenen wie diese sind schwer vorstellbar, wenn man erst einen Krankenwagen rufen muss, um in die Notaufnahme der St.-Vincentius-Klinik zu fahren. „Wir Rüppurrer“, so Burth, „waren immer mit dem Diak verbunden.“
Auch Beate Fischer aus der Gartenstadt findet den Umbau des Diakonissenkrankenhauses, d, bedauerlich. Mehr als 30 Jahre war sie ehrenamtlich in der dortigen Bücherei tätig. Das kollegiale Miteinander werde ihr fehlen. Aber auch, als sie Kind war, hieß es in Krankheitsfällen: „Wir gehen rüber ins Häusle.“ Und als sie eine schwere Entzündung nach einem Katzenbiss erlitt, war der kurze Weg in eben jenes „Häusle“ für sie ein Segen.
Liliane Schneider aus dem Dammerstock, eine Pariserin, die seit langem in Karlsruhe lebt, spricht temperamentvoll Klartext: „Ich finde das unmöglich. Das ,Diak‘ ist doch wichtig.“ Als sie einmal von der Leiter gefallen sei, führte der Weg schnurstracks ins Diakonissenkrankenhaus. Auch sehr persönliche Erinnerungen hat sie an das Krankenhaus: „Mein Mann ist auf der Intensivstation gestorben. Die Schwestern dort waren stets sehr verständnisvoll.“
Das „Diak“ und das St.-Vincentius-Krankenhaus, beide 1851 mit christlichem Menschenbild gegründet und seit 2016 unter dem Namen ViDia fusioniert, bündeln ihre Kräfte. In Rüppurr fallen viele vertraute Fachbereiche weg. Bei den Patienten, aber auch bei ehemaligen Mitarbeitern, ruft dies nostalgische Gefühle hervor. Elke Holzapfel, die im Märchenviertel lebt, hat viele Jahre im Diakonissenkrankenhaus als Physiotherapeutin gearbeitet. Sie findet deutliche Worte für das Umstrukturieren des Traditionskrankenhauses. „Ich kritisiere das. Alles wird aufgelöst und warum hat man dann überhaupt erst ein neues Gebäude in den Park gestellt?“
Sie erinnert sich gerne an ihre Zeit im „Diak“. „Wir wurden immer angehalten, den Patienten mit Würde zu behandeln. Es herrschte eine gute Atmosphäre. Und dass die Notaufnahme geschlossen wird, ist ganz schlimm für die Leute hier.“ Aus fachkundiger Sicht beurteilt Andrea Menges-Fleig, Betreiberin des Therapiezentrums Rotes Haus im Dammerstock, die Entwicklung: „Durch das Vorhaben das gesamte internistische Spektrum an einem Standort zu zentralisieren, geht leider die Versorgung an einem regional bedeutenden Standort mit großem Einzugsgebiet verloren.“
Darunter fallen auch Patienten aus Ettlingen und anderen benachbarten Ortschaften. Christiane Friebel arbeitet bei der Bäckerei Fuchs unweit des Krankenhauses. Sie kennt das ganze Spektrum durch die wartenden Angehörigen. „Für Patienten, die aus Ettlingen und dem Albtal kommen, kann in einem Notfall der Weg ins ,Vinzenz‘ zu weit sein. Vor allem, wenn die Südtangente verstopft ist. Wir haben hier schon zweimal den Rettungswagen gerufen und er war vom ,Diak‘ sofort da. Sind ja nur ein paar Meter.“
Verständnis für die Entwicklung am Diakionissenkrankenhaus hat Annemarie Burkhart aus Weiherfeld. Sie arbeitet im Textilladen „Lulu“ und bedauert einerseits die Veränderungen. „Das war mein Krankenhaus mit liebevollen Schwestern, die ihr Leben den Patienten gewidmet haben. Doch wir haben ja nun die Augenklinik und man kann sowieso den Fortschritt nicht aufhalten.“