Südkurier Villingen-Schwenningen, 03.06.2023

 

Etablierte Moscheevereine auf Distanz

Reaktionen nach Durchsuchung von Al-Huda-Raum.„Man kann mit ihnen nicht zusammenkommen“

VON NATHALIE GÖBEL NATHALIE.GOEBEL@SUEDKURIER.DE

Villingen-Schwenningen – Bei einer Razzia gegen mutmaßliche IS-Unterstützer ist am frühen Mittwochmorgen auch der Gebetsraum Masjid („Moschee“) Al-Huda in Schwenningen durchsucht worden. Die Aktion richtete sich nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft gegen eine Einzelperson, nicht gegen die Islamische Gemeinschaft Al-Huda. Der im Jahr 2015 gegründete Verein wurde 2017 auf einer Liste von 18 Moscheevereinen in Baden-Württemberg genannt, die nach damaliger Kenntnis der Verfassungsschützer Kontakte zur salafistischen Szene im Land haben. Auch der Islamische Verein Schramberg fand sich auf dieser Liste, ebenso die „Islamische Union Deutschland“ aus Freiburg.

Und an der islamistischen Ausrichtung des Schwenninger Vereins hat sich laut Innenministerium nichts geändert: „Die ‚Masjid al-Huda’ in Villingen-Schwenningen wird von den Sicherheitsbehörden beobachtet und fungiert als ein regionaler Schwerpunkt salafistischer Strukturen im Land“, erklärte das Ministerium auf SÜDKURIER-Anfrage. Die Moschee sei „Anlaufstelle für Salafisten aus der gesamten Region“ und ziehe auch überregionales salafistisches Personenpotenzial an. „Auch Syrienrückkehrer sind in der Moschee aktiv“, heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums.

Im Kreis der insgesamt vier Moscheevereine in Villingen-Schwenningen ist Al-Huda indes isoliert. „Es besteht keinerlei Kontakt“, sagt Khalil Hourani. Der Wirtschaftsinformatiker und Unternehmensberater aus Villingen war zehn Jahre lang Vorsitzender des ersten muslimischen Vereins in Schwenningen, Al Salam („Frieden“), und ist mittlerweile dessen Ehrenvorsitzender.

„Wir haben damals versucht, eine Gemeinde zu etablieren, aber es gab größere Differenzen“, schildert Hourani. Er ist zugleich Sprecher des Kooperationsrates der Muslime Villingen-Schwenningen. Zu diesem Gremium gehört neben Al Salam aus Schwenningen auch die türkisch-islamische Gemeinde Ditib, der die Moschee am Villinger Güterbahnhof gehört, sowie die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs am Kaiserring.

Weshalb sind sich die Muslime nicht einig, wo ist das Problem bei der Gemeinschaft Al-Huda? „Meine ganz persönliche Sicht: Sie sind sturköpfig, man kann mit ihnen nicht zusammenkommen“, sagt Khalil Hourani. Knackpunkt seien die unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten des Korans. Das habe letztlich dazu geführt, dass die Bestrebungen zur Zusammenarbeit eingestellt wurden.

Das bestätigt auch ein ehemaliges Mitglied der Gemeinschaft. Mit Blick auf mögliche Repressalien verzichten wir auf eine Namensnennung. „Ursprünglich wollte man sich vernetzen, Vorträge anbieten – auch zusammen mit der Stadt“, berichtet er aus der Anfangszeit, als die Gruppe aus kaum mehr als einem Dutzend Mitgliedern bestanden habe. Im Laufe der Zeit habe sich Al-Huda jedoch zunehmend isoliert; die Mitglieder seien für anderslautende Ansichten nicht zugänglich gewesen. „Die schauen nicht nach links und rechts“, so das Resümee. „Wahrscheinlich kann man die auch gar nicht ändern.“

Der SÜDKURIER-Redaktion ist es nicht gelungen, einen offiziellen Vertreter des Vereins Al-Huda für eine Stellungnahme zu erreichen. Öffentlich bekannte Telefonnummern sind laut Bandansage der Telefongesellschaft nicht vergeben.

Kooperationsrat

Im Kooperationsrat der Muslime in VS arbeiten die drei etablierten islamischen Vereine zusammen. „Wir betreiben den interreligiösen Dialog mit den evangelischen und katholischen Kirchen in Villingen und Schwenningen“, sagt Khalil Hourani. Die Vertreter kämen drei- bis viermal jährlich zu Sitzungen zusammen, bei denen Veranstaltungen geplant, auch gesellschaftliche Themen besprochen würden. „Wir sehen uns als religiöse Menschen, die sich gegenseitig verstehen“, so Hourani. Nach dem rassistischen Terroranschlag von Hanau im Februar 2020 hatte man in einer gemeinsamen Erklärung Betroffenheit erklärt.