Badische Zeitung Bad Säckingen, 31.05.2023

 

Evangelischer Stadtpfarrer lehrt an der Uni Basel

Theologische Studien sind für Bad Säckingens evangelischen Stadtpfarrer Hans-Georg Ulrichs eine Art Hobby. Mittlerweile ist er habilitiert und wird vom Sommersemester 2024 an Vorlesungen an der Universität Basel halten.

BAD SÄCKINGEN Auf einen Lehrstuhl hat sich Hans-Georg Ulrichs nie beworben, weil er neben der theologischen Forschung die praktische Arbeit als Pfarrer und Seelsorger nicht missen möchte. Der Stadtpfarrer von Bad Säckingen studierte in Wuppertal, Tübingen, Aarhus und Heidelberg Theologie und legte 1993 das kirchliche Examen ab. Nach einem Lehrvikariat in Karlsruhe übernahm er eine Stelle als Pfarrer in Durlach. Und zwischen 2010 und 2019 war er Hochschulpfarrer an der Peterskirche in Heidelberg. 2008 erlangte er mit einer Arbeit über den ostfriesischen Theologen Helias Meder (1761 bis 1825) seinen Doktortitel.

„Es war sehr anstrengend, neben dem Beruf und den familiären Verpflichtungen diese Studie zu verfassen. Die Zeit dafür habe ich den Nächten und dem Urlaub abgerungen.“ Motiviert hat ihn die Faszination für den Spätaufklärer, der zwar nicht zu den bekanntesten Theologen zählt, aber als „Mann der zweiten oder dritten Reihe“ wichtig war, um die Errungenschaften der Aufklärung in Ulrichs’ ostfriesischer Heimat populär zu machen.


Besonders interessiert ist Ulrichs an den verschiedenen Richtungen des Protestantismus: Der Westen Ostfrieslands ist calvinistisch-reformiert, da stark an den Niederlanden orientiert, während die östlichen Gebiete eher der Lehre Luthers folgen. Im frühen 19. Jahrhundert entstanden in konfessionell gemischten Gebieten die Unionen zwischen Reformierten und Lutheranern; auch die Badische Landeskirche ist vereinigt. In seinen Studien verfolgte Ulrichs diese Entwicklung von der Aufklärung bis in die Gegenwart.


2015 erreichte ihn eine Anfrage aus Osnabrück, ob er sich habilitieren, also die Befähigung für eine Professur erlangen, wolle. Er fasste seine Erkenntnisse in dem Buch „Reformierter Protestantismus im 20. Jahrhundert. Konfessionsgeschichtliche Studien“ zusammen. Nach der Habilitation 2018 arbeitete er in der Verwaltung der Landeskirche in Karlsruhe. Im Oktober 2022 übernahm er die Stelle als Stadtpfarrer in Bad Säckingen. Weil er vom Hochrhein aus seinen Lehrverpflichtungen in Osnabrück nicht nachkommen kann, stellte er an der Universität Basel den Antrag auf Umhabilitierung. Er musste einen Habilitationsvortrag und ein Kolloquium halten, an dem Professoren anderer Fachrichtungen teilnahmen. Seinen Vortrag widmete er der Rolle, die Kinder in der Kirchengeschichte gespielt hatten – nicht als Objekte, sondern als handelnde Subjekte. Damit folgte er einer Tendenz in der Geschichtsschreibung, auch Akteure, deren Rolle wenig beachtet worden ist, ins Auge zu fassen.


Seine wissenschaftliche Arbeit vergleicht er mit ehrenamtlichem Engagement. Er ist nun Mitglied der Theologischen Fakultät und wird vom Sommersemester 2024 an eine Veranstaltung pro Semester anbieten und Prüfungen abhalten. Von Juli bis September wird er in Erziehungsurlaub gehen: Er wird zum fünften Mal Vater. In Bad Säckinger hat er sich eingelebt. „Die Gemeinde ist kompakt und vielfältig, da sie aus vielen Zugezogenen besteht, in einer Diasporasituation sind die Leute bewusst evangelisch.“