Zwölf christliche Gemeinden feiern gemeinsam Gottesdienst
Alle zwei Jahre kommen sie am Pfingstmontag zusammen – Pfarrerin Sybille Baur-Kolster: „Gelegenheit, von anderen zu lernen“
Von Julia LauerWährend ökumenische Feiern von Katholiken und Protestanten in Heidelberg an der Tagesordnung sind, kommen die beiden großen Konfessionen mit den anderen christlichen Gemeinschaften der Stadt nur ein- oder zweimal im Jahr zusammen – das nächste Mal am Pfingstmontag. Dann werden sie in der Jesuitenkirche in der Altstadt gemeinsam Gottesdienst feiern.
„Zu Pfingsten passt es besonders gut, das Gemeinsame zu suchen“, erzählt Sybille Baur-Kolster, Pfarrerin in der evangelischen Melanchthon-Gemeinde in Rohrbach. Der Überlieferung nach kamen 50 Tage nach Jesu Tod seine Jünger in Jerusalem zusammen, als plötzlich ein stürmischer Wind aufzog. „Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden“, heißt es in der Bibel. Menschen unterschiedlicher Herkunft hörten einander demnach in ihrer jeweiligen Muttersprache das Wort Gottes verbreiten: Das ging als Pfingstwunder in die Geschichte ein.
Vielfalt im Christentum ist längst nicht mehr nur sprachlicher, sondern auch ritueller und theologischer Natur. „Aber alle christlichen Gemeinden sind vom Geist Gottes getragen“, betont die Pfarrerin. Baur-Kolster ist auch Vorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen“ in Heidelberg. Darin sind elf christliche Gemeinden miteinander verbunden, neben den beiden großen Kirchen auch beispielsweise die anglikanische und die altkatholische Kirche.
Alle zwei Jahre feiern die Mitglieder an Pfingstmontag gemeinsam Gottesdienst, meist in einer der großen Altstadtkirchen – sie sind zentral gelegen und bieten Raum für die Besucher. Jene in großer Zahl anzuziehen – auch dabei hilft Ökumene in Zeiten sich leerender Kirchen. Denn Pfingsten ist zwar nach Ostern und Weihnachten das drittwichtigste Fest im Christentum, aber nur für wenige Menschen ein Grund, eine Kirche aufzusuchen. „Der Pfingstmontag ist im Bewusstsein der Bevölkerung zwar als Feiertag, aber nicht so sehr als christliches Fest verankert“, beobachtet Baur-Kolster. Gemeinsam schaffe man in der Regel, zwei- bis dreihundert Besucher in die Kirche zu locken. „Wir freuen uns auf diesen Gottesdienst, er macht Spaß, ist lebendig und bietet Gelegenheit, von anderen zu lernen.“
Im Gottesdienst am Pfingstmontag ist in diesem Jahr erstmals die rumänisch-orthodoxe Gemeinde aus Eppelheim als zwölfter Teilnehmer mit von der Partie – und sie gestaltet ihn auch gleich mit: In diesem Jahr sind daran außerdem die katholische und die evangelische Kirche sowie die neuapostolische Kirche und die Freie Evangelische Gemeinde beteiligt. „Mit diesem Gottesdienst wollen wir die Vielfalt der Apostelgeschichte aufnehmen und das Vaterunser in unterschiedlichen Sprachen beten“, kündigt Baur-Kolster an.
Der Gottesdienst wird als Wortgottesdienst angelegt sein und nicht als gemeinsame Abendmahlfeier: Das gibt es zwischen den christlichen Konfessionen offiziell noch immer nicht – allen Gemeinsamkeiten zum Trotz. Grund sind theologische Differenzen. Das zeigt sich schon alleine bei Protestanten, Katholiken und Orthodoxen: So dürfen zwar Katholiken und Orthodoxe in Ausnahmefällen gegenseitig an der Kommunion teilnehmen, und auf protestantischer Seite können Lutheraner, Reformierte und Unierte sich gegenseitig zum Abendmahl einladen. Doch nach katholischem und orthodoxem Verständnis ist eine Teilnahme von Protestanten an der Eucharistie nicht vorgesehen, genauso wenig ihre Teilnahme dort.
Die Heidelberger Arbeitsgemeinschaft hofft, dass sich das auf lange Sicht ändert. „Wir setzen uns gemeinsam für die volle Abendmahlsgemeinschaft der Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Heidelberg ein“, hielten sie 2017 in einer verbindlichen Vereinbarung fest: So wolle man bei aller Verschiedenheit zu mehr Einheit kommen.
Info: Pfingstgottesdienst am Montag, 29. Mai, um 11 Uhr in der Jesuitenkirche in der Altstadt.