Große Sorge um Gemeindehäuser
Sparkurs zwingt Protestanten zum Verzicht auf Räumlichkeiten und Personal – Fortbestand von vier Gebäuden in der Diskussion – Deutliche Kritik aus den Pfarreien
Von Julia Lauer
Die Evangelische Kirche Heidelberg setzt ihre Suche nach Einsparmöglichkeiten fort; es geht auch um Personal und Gebäude. Dazu verpflichtet sie die Badische Landeskirche, die auch den Umfang vorgibt. Dass dieser Prozess auch mit Sorgen um den Fortbestand von Kirche überhaupt verbunden ist, wurde am Donnerstagabend auf der Synode deutlich. Dort diskutierten die Kirchenvertreter insbesondere die Zukunft von Gemeindehäusern in Rohrbach, Handschuhsheim, Neuenheim und im Pfaffengrund.
> Worum es geht – die Pläne sind ein erster Entwurf: Die aktuelle Auseinandersetzung fußt auf einem Strategiepapier, das der Stadtkirchenrat erarbeitet hat – das Gremium, das auch das letzte Wort in dieser Angelegenheit hat. „Das ist ein erster Entwurf und kein Entwurf für eine Beschlussfassung“, versuchte Dekan Christof Ellsiepen in der aufgeheizten Debatte zu beruhigen. Die Synode – das Kirchenparlament – hat bei der Suche nach Lösungen zwar lediglich eine beratende Funktion. Doch am Ende sollten alle Akteure sein und an den Plänen mitwirken, betonte Ruth Hildebrandt, die sowohl Vorsitzende der Synode als auch stellvertretende Vorsitzende des Stadtkirchenrats ist.
> Die Sparvorgabe bei Gebäuden – für vier Häuser steht der Plan: In Heidelberg verfügte die Evangelische Kirche zu Beginn der Sparmaßnahmen über 27 Kirchen und Gemeindehäuser. Die Kirche muss nun – laut offiziellem Zeitplan bis Ende dieses Jahres – eine Lösung für zunächst sechs dieser Gebäude finden, deren Finanzierung von der Badischen Landeskirche abhängt. Für vier Gebäude steht die Lösung schon fest (die RNZ berichtete): Die Kirche hat das Gemeindehaus in der Heinrich-Fuchs-Straße und das Forum Drei im Emmertsgrund abgegeben, sie wird sich vom Hermann-Maas-Haus in Kirchheim trennen und das barocke Schmitthenner-Haus in der Altstadt als Verwaltungs- statt als Gemeindehaus nutzen. Nun braucht es also noch eine zeitnahe Lösung für zwei weitere Gebäude. Mittelfristig – wohl bis 2025 – kommt der Fortbestand von weiteren Gebäuden auf den Prüfstand.
> Die aktuelle Diskussion – vier Häuser sollen nicht wie bisher fortbestehen: Der Stadtkirchenrat schlägt jetzt vor, folgende Gebäude auf alternative Lösungen hin zu prüfen: das Melanchthon-Haus in Rohrbach, das Gemeindehaus an der Friedenskirche in Handschuhsheim, das Johanneshaus in Neuenheim und das Gemeindehaus der Emmaus-Gemeinde im Pfaffengrund. In allen vier Fällen gehen die Überlegungen nicht dahin, sich komplett von diesen Gebäuden zu trennen, sondern sie anders als bisher zu finanzieren – etwa durch einen Verkauf in Erbpacht an die Stadt und eine anschließende Rückmietung von Flächen. In allen vier Fällen soll es möglich sein, die Gebäude zumindest teilweise weiter für die Gemeindearbeit zu nutzen. „Das hier ist ein moderater Ansatz“, erläuterte Ellsiepen das Konzept. „So können wir Zeit gewinnen. Wenn das 20 Jahre hält, ist das schon mal etwas.“
> Die Reaktion der Gemeinden – Akzeptanz und Ärger: Die Emmaus-Gemeinde im Pfaffengrund hat schon mehrere Möglichkeiten durchgespielt, wie sie ihr Gemeindehaus gemeinschaftlich nutzen und so dessen Fortbestand sichern könnte – beispielsweise zusammen mit dem Diakonischen Werk. Pfarrer Andreas Schlögel zeigte sich zuversichtlich, hier zu einer Lösung zu kommen. Weniger optimistisch bewertete Pfarrerin Sybille Baur-Kolster die Überlegungen zum Melanchthon-Haus in Rohrbach. Sie sieht es in Gefahr, wenn es nicht wie bisher als Gemeindehaus, sondern als Kindergarten deklariert wäre, der ebenfalls in dem Gebäude untergebracht ist. „Wir haben schon die Heinrich-Fuchs-Straße aufgegeben. Damals hat man uns versichert, dass wir damit unseren Beitrag geleistet haben. Melanchthon ist unser einziges verbleibendes Gemeindehaus“, machte sie ihrem Ärger Luft. Ihrer Gemeinde seien die neuen Pläne kaum zu vermitteln. Auch die Ideen für den Norden der Stadt sorgen längst nicht nur für Zustimmung. Das Neuenheimer Johanneshaus soll der Stadt in Erbpacht überlassen werden, die Gemeinde soll als Mieterin weiter Zugang haben. „Das ist akzeptabel, hier laufen bereits Verhandlungen mit der Stadt“, kommentierte Tobias Just, Vorsitzender des Ältestenkreises der Friedensgemeinde. Weniger angetan äußerte er sich zu Überlegungen, das Haus seiner Gemeinde über Crowd-Funding zu finanzieren. „Dieser Vorschlag kam für uns aus heiterem Himmel.“ Neben der unzureichenden Einbeziehung der Gemeinden kritisierte Just auch, dass der Heidelberger Norden überproportional stark betroffen sei. „Wir sehen Defizite in diesem Prozess, die es erschweren, die Ergebnisse zu vertreten.“
> Die Umstrukturierung – weniger Stellen, mehr Kooperation: Auch am Personal muss die Evangelische Kirche sparen. Hat sie derzeit noch 19 Pfarrstellen inklusive der des Dekans, sollen es 2032 noch 15 und 2036 noch 13 Stellen sein. Das Pfarrpersonal soll künftig eine kleiner werdende Zahl von Gläubigen betreuen, und zwar in anderer Form als heute. Angestrebt ist keine Fusion von Gemeinden, sondern ihre Neuorganisation in sogenannten Kooperationsräumen. „Das bedeutet, dass sie räumlich erhalten bleiben, aber in Dienstgruppen zusammenarbeiten“, erklärte Ellsiepen. Denkbar wäre etwa, dass eine Gemeinde den Konfirmandenunterricht übernimmt und eine andere Gottesdienste. Alle Pfarrgemeinden, die als Stadtteilgemeinden organisiert sind, sollen künftig Teil eines solchen Zusammenschlusses sein. Auf diesem Weg sind sie unterschiedlich weit: Johannes-, Jakobus- und Friedensgemeinde haben ihre Zusammenarbeit bereits zum 1. Juli beschlossen. Zwischen Altstadt- und Matthäusgemeinde im Osten der Stadt etwa laufen andererseits erste Gespräche. Die meisten Kirchenparlamentarier zeigten sich grundsätzlich aufgeschlossen für eine verstärkte Zusammenarbeit. Offene Fragen betreffen etwa eine sinnvolle Aufgabenteilung.
> Der Umbau – ein Grund zur Sorge: Mehrere Kirchenparlamentarier äußerten ihre Ängste zum Fortbestand von Kirche. Christoph Kölmel-Stracke aus dem Ältestenkreis der Christus-Luther-Markus-Gemeinde sprach etwa von seiner „Sorge, dass die Kirche sich durch den Umbau abschafft“. Das könne sie nachvollziehen, sagte dazu Landesbischöfin Heike Springhart, die ebenfalls vor Ort war. Kirche sei heute verstärkt auf Partner in der Zivilgesellschaft angewiesen. „Aber dass Kirche unverändert in die Zukunft geht, war noch nie so“, so die Bischöfin.